Grund zur Sorge gebe es aber nicht, wie Experten der Gesundheitsbehörde Ages versichern
Alkoholhältige Heißgetränke, grelle Beleuchtung, eine Jahresration an Kekserln - all das gehört zu den untrüglichen Anzeichen, dass es weihnachtet. Zu den subtileren Erscheinungen gehört da eine feine Note Zimt, die über Punschstandln, Apfelkompott, Tee oder eben Zimtsternen schwebt.
Seit rund 3000 Jahren dürfte die innere Rinde des Zimtbaumes in China als Gewürz in Verwendung sein. Und auch heute noch ist sie in der orientalischen und indischen Küche ein wichtiger Bestandteil pikanter Würzungen für Fleisch und Gemüse. Das charakteristische Aroma entfaltet Zimt aber erst in Kombination mit Zucker, weshalb es zu einem Klassiker in Süßspeisen geworden ist. Zimt kommt auch als Duftstoff in Kosmetika, in Zahnpasta, in Zigaretten medizinischen Produkten und als Geruchsneutralisierer in Schuheinlagen vor.
Sein Inhaltsstoff Cumarin - der ebenso in Waldmeister, Tonkabohne und Datteln enthalten ist - wirkt gefäßerweiternd, krampflösend, beruhigend und antibakteriell. Es gibt auch Hinweise darauf, dass er eine Senkung des Blutzuckers bewirken kann. Doch in großen Mengen verzehrt, kann Cumarin Kopfschmerzen und Übelkeit verursachen und zu (reversiblen) Leberschäden führen. Im Tierversuch wurde zudem eine krebserregende Wirkung festgestellt, beim Menschen gibt es dagegen keine Hinweise auf cumarinbedingte Tumorentstehung.
"Die Aufnahme von Cumarin ist nur in sehr hoher Konzentration toxisch", beschwichtigt Günther Kraus, in der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) im Bereich Risikobewertung zuständig. "Ein Anstieg von Leberenzymen im Blut - was auf geschädigte Leberzellen hinweist -, hat sich nur in Studien mit pharmazeutischen Produkten gezeigt, in denen Personen über einen langen Zeitraum Dosen eingenommen haben, die um ein Vielfaches höher sind als jene, die man über Lebensmittel aufnehmen kann."
Erhöhte Werte
2006 hatten Konsumentenschützer Alarm geschlagen, als bei Untersuchungen von Zimtgebäck in Deutschland ein Cumarin-Wert von bis zu 77 mg pro Kilo erhoben wurde - fast das 40-fache der damals gültigen Höchstwerte von zwei Milligramm pro Kilo. Auch in österreichischen Proben von Zimtsternen und Zimtsternteigen fand der Verein für Konsumenteninformation Cumarin-Gehalte, die um ein Zehn- bis 20-faches höher als der Grenzwert waren.
Die Ages hat daraufhin in einer wissenschaftlichen Risikobewertung rund 100 Proben von zimthältigen Lebensmitteln genommen - "quer durch den Markt", wie Kraus schildert. "Wir haben Daten der Uni Wien über Verzehrmengen von Erwachsenen und Kindern verknüpft mit Lebensmitteln, die regelmäßig in großen Mengen gegessen werden." Fündig geworden ist die Ages bei Frühstückscerealien und Milchreis, wo überhöhte Cumarin-Werte und ein regelmäßiger Konsum zusammenkamen. "Wir haben besonders Lebensmittel für Kinder betrachtet, da diese bezogen auf ihr Körpergewicht mehr aufnehmen", betont Kraus.
Die beanstandeten Produkte wurden nach mehr oder weniger langen Verhandlungen mit den Herstellern vom Markt genommen bzw. mit neuen Rezepturen versehen. "Unsere Daten sind zu einem großen Teil in die EU-Aromenverordnung eingeflossen", sagt Kraus. Darin wurden Cumarin-Grenzwerte von bis zu 50 Milligramm pro Kilo bei Weihnachtsgebäck festgelegt, für Frühstücksmüsli gelten 20 Milligramm.
Ceylon- und Cassia-Zimt
Keine Höchstmengen gibt es jedoch für reinen Zimt in Form von Pulver oder Stangen. Wie viel Cumarin er enthält, hängt vor allem von der Sorte ab: Der "echte" Ceylon-Zimt stammt aus Sri Lanka, und hat einen mild-herben Geschmack. Die verwendete Rinde ist dünner, brüchiger - und teurer. Deswegen findet man in der Lebensmittelindustrie und in Regalen hauptsächlich Cassia-Zimt, der in Indonesien und Vietnam heimisch ist und sich durch ein intensiveres Zimt-Aroma auszeichnet. Während Ceylon-Zimt kaum Cumarin enthält, liegt der Anteil in Cassia-Zimt bei rund drei Milligramm pro Gramm - je nach Standort und Saison kann der Wert stark schwanken.
"Natürlich sollte man sparsam damit umgehen, aber auch wenn man einmal die Grenzwerte überschreitet, ist das völlig unbedenklich", betont Kraus, "wir führen regelmäßig Untersuchungen durch und sehen keine Gefahr."
Vorsicht ist nur bei Kleinkindern geboten: Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) weist darauf hin, dass Kinder mit einem Gewicht von 15 Kilo nicht mehr als sechs kleine Zimtsterne oder 100 Gramm Lebkuchen täglich verdrücken sollten.
Die Lebensmittelexperten prüfen auch andere Backzutaten wie Wal- und Haselnüsse und Mandeln regelmäßig, vor allem auf Schädlinge und Schimmel. Laut Ages gab es kaum Grund zu Beanstandungen. Insgesamt weist der Lebensmittelsicherheitsbericht 2011 rund 31.800 analysierte Proben aus allen Warengruppen aus, von denen 0,5 Prozent gesundheitsschädlich und 3,7 Prozent für den menschlichen Verzehr ungeeignet waren. (kri, DER STANDARD, 28.11.2012)