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Klaus Maria Brandauer widmet sich einem Klassiker - Herman Melvilles " Moby Dick". 

Foto: EPA/TYTUS ZMIJEWSKI

Salzburg - Die Universität Salzburg feiert ihr 50-jähriges Bestehen seit der Wiedererrichtung (1962) und das 390. Jubiläum seit der Gründung 1622. Deshalb nimmt die Vortrags- und Diskussionsreihe "Salzburger Vorlesungen" eine andere Gestalt an: Diesmal liest ein Schauspieler. Klaus Maria Brandauer ist seit langem mit der Mozartstadt verbunden - 1964 trat er am hiesigen Landestheater auf, später öfters bei den Festspielen, zwischen 1983 und 1989 etwa als Jedermann.

Am Donnerstag präsentiert er Moby Dick, eine literarisch-musikalische Revue nach dem Roman von Herman Melville. Das ganze Werk wird der Rezitator wohl kaum stemmen, denn die Originalfassung des Buchs hat etwa 800 Seiten - die definitive, vom Schauspieler und Synchronsprecher Christian Brückner gelesene Hörbuchfassung dauert schlappe 30 Stunden! Melville war bei Erscheinen des Romans Anfang 30, seine Karriere dennoch auf dem absteigenden Ast. Zu Lebzeiten verkauften sich von diesem Meisterwerk 3000 Stück - die Geschichte des besessenen Kapitäns Ahab und seiner Jagd auf den weißen Wal war allzu verstörend.

Der Wälzer lässt sich als Abenteuerbuch, Essay und Parabel lesen, etwa als politische Geschichte, die vom Größenwahn, Natur und Raum zu beherrschen, auf die Hybris einer Weltmacht anspielt. Politisch benutzt wurde der Klassiker auch in den 1970ern, als die Mitglieder der Roten Armee Fraktion ihre Decknamen dem Roman entlehnten. Nicht umsonst zitiert Melville in Moby Dick aus Thomas Hobbes' staatstheoretischer Schrift Leviathan: Symbolhaft steht der weiße Wal für den Leviathan und damit für die Staatsmacht. Freilich finden sich in Sprache und Struktur der Walfängersaga auch die Einflüsse von Bibel und Shakespeare. (Gerhard Dorfi, DER STANDARD, 28.11.2012)