Frankfurt am Main - Die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands ist vorerst abgewendet worden. Nach mehreren Anläufen verständigten sich die Euro-Finanzminister und der Internationale Währungsfonds in einem mehrstündigen Verhandlungsmarathon in der Nacht auf Dienstag auf weitere Hilfen für Griechenland. Teil des Deals ist eine finanzielle Entlastung des hoch verschuldeten Staates um 40 Milliarden Euro. So sollen unter anderem die Zinsen für laufende Kredite gesenkt und die Rückzahlung gestreckt werden.

Nachfolgend die Einschätzungen von Börsianern:

Ulrich Leuchtmann, Analyst der Commerzbank

"Die Bauchschmerzen, die man mit dem nächtlichen Ergebnis haben mag, waren alle bereits im Vorfeld bekannt: Anhaltende Skepsis bezüglich Griechenlands Möglichkeit, eine langfristig nachhaltige fiskalische Situation zu erreichen; die Sorge, dass die Verlängerung der Kreditlaufzeiten und die Stundung der Zinszahlungen ein Schuldenschnitt auf Raten sind et cetera. Was bleibt, ist der positive Effekt. Das Verunfallungsrisiko - also die Gefahr, dass sich die beteiligten Parteien trotz gemeinsamer strategischer Ziele nicht zu einem gemeinsamen Vorgehen zusammenraufen können - hat sich diesmal wieder nicht materialisiert."

Marktkommentar der National-Bank

"Insgesamt können fast alle Teilnehmer Brüssel zufrieden verlassen: Der IWF hat der Eurogruppe indirekt ein Bekenntnis zum Schuldenschnitt abgerungen; gleichzeitig sollten die privaten Gläubiger freiwillig einen weiteren Beitrag leisten. Die Eurogruppe hat den sofortigen Schuldenschnitt vermieden. Griechenland wird bald etwas mehr Handlungsspielraum haben und weniger bezahlen müssen. Zeit ist gekauft. Nun muss die griechische Regierung liefern."

Viola Julien und Ulrich Wortberg, Analysten der Helaba

"Mit der getroffenen Vereinbarung ist nicht nur der Weg für die Auszahlung der nächsten Hilfstranche in Höhe von knapp 44 Milliarden Euro geebnet, sondern ein wichtiger Unsicherheitsfaktor beseitigt. Nun könnte sich der Blick der Marktteilnehmer wieder verstärkt auf die USA richten, denn dort gibt es noch keine Einigung darüber, wie man den Staatshaushalt in den Griff bekommt und automatische Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen vermeiden kann." (APA/Reuters, 27.11.2012)