Als Kind wollte der Grazer Philip Pacanda Erfinder werden. Dass er einmal in die Politik einsteigen würde, hätte der in einem bürgerlichen Haushalt aufgewachsene Sacré-Coeur-Zögling damals nicht gedacht. Doch seit Sonntag steht fest: Der 33-Jährige wird als erster Pirat in den Grazer Gemeinderat einziehen.

Der ehemalige Unternehmensberater, der seit Monaten als "Vollzeitpirat" von seinen Ersparnissen lebt, hat Innovationswissenschaften studiert, worin er zumindest Anklänge an seinen ursprünglichen Berufswunsch fand: " Ein Innovator ist für mich kein Erfinder, aber ein Umsetzer von Ideen. Genau das will ich im Gemeinderat sein", sagt Pacanda dem Standard.

Erstes Ziel sei dabei Transparenz, da diese "das beste Mittel gegen Korruption" sei. Außerdem sei Transparenz und Offenheit befruchtend: " Open-Innovation ist eine Methode, bei der ein Entwicklungsprozess von Anfang an offen ist und jeder teilnehmen kann", erzählt Pacanda begeistert. "Wenn diese Methode bei Unternehmen wie Google und Apple zum Erfolg führte, warum nicht auch in der Politik?"

Beim einzelnen Bürger hört es sich aber mit Transparenzbegeisterung der Piraten, die Spitznamen neben ihren Klarnamen führen, auf: "Die Namen sind zum Schutz der Privatsphäre, damit auch Leute ihre Meinung sagen können, die das beruflich gefährden würde", erklärt Fisima alias Pacanda. Er kenne allerdings nur bei zwei seiner Kollegen die echten Namen nicht.

Pacanda ist durch das Grazer Wahlergebnis, das ihm mit rund 2,7 Prozent zum Gemeinderatssitz verhalf, nicht nur ein Einzelkämpfer. Durch die Verteilung der Stimmen könnte er in vielen Situationen zum entscheidenden Zünglein an der Waage werden.

Doch wer immer dann auf die Stimme des Mandatars hofft, muss geduldig sein. Denn bei den rund hundert Grazer Piraten wird "wirklich alles basisdemokratisch abgestimmt. Das kann manchmal länger dauern, aber jeder hat das Recht, seine Meinung zu sagen." Auf die Forderung nach kostenlosen Öffis hat man sich aber schon geeinigt.

Die Liste der bisherigen Berufe Pacandas, der Single ist, keine Kinder hat und 2011 Mitglied der Piraten-Partei wurde, ist abwechslungsreich: Er war Taxifahrer, Kellner, Unternehmer, IT-Entwickler und "Mystery Shopper". Das ist jemand, der im Auftrag eines Unternehmens bei ebendiesem - undercover und ganz und gar intransparent - einkauft, um Arbeitsabläufe zu kontrollieren. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 27.11.2012)