Saudi-Arabiens Außenminister Saud Al-Faisal am Montag in Wien: Die Kritik am neuen Dialogzentrum sei "unfair".

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Wien - Einer der Eröffnungsgäste des "King Abdullah Bin Abdulaziz International Centre for Interreligious and Intercultural Dialogue" am Montagabend war der Außenminister Saudi-Arabiens, Prinz Saud Al-Faisal. Der längstdienende Außenminister der Welt - er ist seit 1975 im Amt - nannte im Gespräch mit dem Standard und der Wiener Zeitung die Vorwürfe, Saudi-Arabien würde das Zentrum als Vehikel für eine eigene Agenda, zum Beispiel zur Imageverbesserung, benützen "unfair". Das Zentrum werde völlig unabhängig arbeiten, es sei keiner Regierung gegenüber verpflichtet.

Ultrakonservative Kritiken aus Saudi-Arabien, dass das Zentrum "den Islam verändern" werde und deshalb abzulehnen sei, bezeichnete Saud al-Faisal als "marginale Sichtweisen". Der Kritik, die auch im Kontext der Zentrumsgründung in Österreich zu hören ist - dass Saudi-Arabien nicht im Ausland auf Dialog setzen könne, wenn es selbst dialog- und reformresistent sei -, widersprach der Sohn des saudischen König Faisal (1964 bis 1975) mit dem Hinweis auf einen laufenden Reformprozess, der aber bewusst sehr behutsam geführt werden: "Die Regierung arbeitet auf eine Reform hin, die Opposition kommt manchmal von den Menschen." Eine Revolution von oben, wie etwa jene unter dem Schah im Iran, sei zum Scheitern verurteilt.

Autofahren ist "soziale Frage"

Und man dürfe auch nicht religiöse Fragen mit sozialen - wie zum Beispiel das vielzitierte Autofahrverbot für Frauen - verwechseln. Allerdings, so der Außenminister, sei Saudi-Arabien als Land der heiligen Stätten des Islam "nicht völlig unabhängig" - es gehorche dem Willen der Muslime.

Den religiösen Extremismus à la Al-Kaida sieht er in Saudi-Arabien zurückgedrängt. Die Frage, ob die Jihadisten dafür nicht woanders wie etwa in Syrien im Kommen wären, verneint er entschieden. Ihre Zahl sei klein, und sie hätten keinen Einfluss auf den Aufstand: "Die Syrer sind viel zu klug für so etwas: Sie wissen, wer für sie kämpft und wer nur für sich."

Dass Syrien auch ein iranisch-saudischer Stellvertreterkrieg sei, nicht nur ein Aufstand im Rahmen des Arabischen Frühlings, weist er ebenso vehement zurück: "Wir sehen unser Engagement in Syrien nicht gegen den Iran gerichtet." Aber der Iran tue alles, um den Konflikt noch zu verschlimmern: "Der Iran ist Teil des Problems, aber nicht Teil der Lösung", so Saud Al-Faisal.

Diese negative Rolle spielt der Iran laut saudischem Außenminister nicht nur in Syrien, sondern in etlichen Ländern der Region, etwa im Libanon. Auch die Palästinenser würden von Teheran nur dazu benützt, gegen die arabische Politik agieren zu können - während die Araber ihrerseits sich nicht im Iran einmischen, man denke nur an die Frage der Minderheiten im Iran.

Saud Al-Faisal würdigt die neue Einigkeit der syrischen Opposition unter dem Dach der Syrian National Coalition: Den Prozess der Anerkennung sieht er auf einem guten Weg, auch wenn diese von den meisten europäischen Ländern und den USA bisher noch ausständig ist. (Gudrun Harrer /DER STANDARD, 27.11.2012)