Bild nicht mehr verfügbar.

Die Gewerbeordnung, die auch den Aushang der Jugendschutzbestimmungen vorschreibt, ist Bundesgesetz und wird in Wien vom Marktamt kontrolliert. Jugendschutz ist hingegen Ländersache, dafür braucht es die Polizisten.

Foto: APA/Oczeret

Alexander Hengl vom Marktamt und Polizeiinspektor Roman Mrazek arbeiten seit vielen Jahren bei Lokalkontrollen zusammen.

Foto: derStandard.at/Lechner

Neugierige Blicke folgen den zwei Polizeibeamten in Uniform, die in dem gut besuchten Billardcafé eines Wiener Kinocenters ihre Runde drehen. Ein paar junge Männer an den Spieltischen stecken die Köpfe zusammen, im Gastrobereich wird getuschelt. Der Kontrollblick von Polizeiinspektor Roman Mrazek bleibt am Billardtisch einer Familie hängen. Er überfliegt den Inhalt der Gläser am Tischrand, dann folgt er seinem Kollegen Richtung Ausgang.

Währenddessen zückt Alexander Hengl vom Marktamt an der Bar seinen Ausweis. "Marktamtskontrolle, grüß Gott. Ich vermisse den Aushang der Jugendschutzbestimmungen im Lokal." Ein Hinweisschild, dass an Jugendliche kein Alkohol ausgeschenkt wird, hängt zwar an der Wand - aber ein veraltetes. Der gesetzlich verpflichtende Hinweis "an Jugendliche unter 16 Jahren" fehlt. Genauso der Inhalt des Wiener Jugendschutzgesetzes. Der Kellner sieht ratlos drein. Der herbeigeeilte Assistent der Geschäftsführung muss versichern, den Mangel sofort zu beheben, sonst drohen Anzeigen wegen Übertretung der Gewerbeordnung und des Wiener Jugendschutzgesetzes.

Spagat zwischen Bundes- und Ländergesetz

Alexander Hengl ist seit Jahren mit der Polizei unterwegs. Die Gewerbeordnung, die den Aushang des Hinweisschilds vorschreibt, ist Bundesgesetz. Das Wiener Jugendschutzgesetz, das den Aushang des Gesetzestextes vorschreibt, ist Landesgesetz und wird in Wien vom Marktamt kontrolliert. Nur wenige Polizisten sind in Sachen Gewerbeordnung ausgebildet, daher arbeiten Polizei und Marktamt bei Lokalkontrollen eng zusammen. Da das Marktamt keine Ausweise kontrollieren darf, braucht es die Beamten.

Die Polizisten überprüfen Fortgehzeiten, ob Alkohol an Jugendliche unter 16 Jahren ausgeschenkt wird, Jugendliche sich unerlaubt in Lokalen für Personen über 18 aufhalten und ob der Lokalbesitzer im Zweifelsfall die Ausweise kontrolliert. Auch auf jugendgefährdende Inhalte an PCs und auf Datenträgern, etwa in Internetcafés, haben die Beamten ein Auge.

Das Marktamt überprüft außerdem das Angebot an alkoholfreien "Jugendschutzgetränken" oder "Jugendgetränken", denn: "Es muss in Lokalen zwei unterschiedliche Sorten von nichtalkoholischen Getränken geben. Beide dürfen, auf den Literpreis hochgerechnet, maximal dasselbe kosten wie das billigste alkoholische Getränk", erklärt Hengl. "Ich nenne sie Autofahrergetränke, weil sie auch in Diskotheken für Erwachsene auf der Karte stehen müssen."

Gleich beheben oder Strafe

Aus dem benachbarten Asia-Restaurant mit Karaokebar dringen die Misstöne einer schief nachgesungenen Popschnulze. Polizeiinspektor Mrazek und sein Kollege drehen ihre Runde. Hengl überprüft indes die Getränkekarte. Die Auswahl an Antialkoholika passt, aber: Die Mengenangaben neben den Preisen fehlen. Der Chef hat die Wahl: gleich ausbessern oder 150 Euro Strafe und erneute Kontrolle in zwei Tagen. Er entscheidet sich für Ersteres.

An einem Tisch in der hinteren Ecke des abgedunkelten Lokals unterhalten sich lachend vier junge Frauen. "Ihr seid's eh schon 16, oder?" Der leise Satz des Kellners, der die georderten B52-Cocktails aus Kaffeelikör, Irish Cream und Rum serviert, lässt Inspektor Mrazek aufhorchen. Der Polizist verlangt freundlich die Ausweise der Mädchen. Knapp über 18 sind sie, alles okay. "Es ist G'spürsache, wie und wen man kontrolliert", sagt der Polizist. "Ich versuche, so zu agieren, wie ich es bei meinen eigenen Kindern tun würde, ohne jemanden unnötig zu sekkieren. Viele Jugendliche sehen heute älter aus, als sie sind, das macht die Kontrolle schwieriger. Oft sind es aber Kleinigkeiten wie ein Handy mit 'Hello Kitty'-Emblem, die ihr wahres Alter verraten."

Lokalkontrollen sind Routine

Roman Mrazek ist seit fast 20 Jahren in den Wiener Bezirken 12 bis 15 im Einsatz. Als Abteilungsinspektor am Stadtpolizeikommissariat Penzing-Fünfhaus hat er regelmäßige Lokalkontrollen in seinem Rayon etabliert. Dafür haben er und seine MitarbeiterInnen auch Schulungen in Sachen Gewerbeordnung besucht, die das Marktamt anbietet. Bei kleineren Routineeinsätzen wie dem heutigen sind die Polizisten zu zweit unterwegs. Bei nächtlichen Schwerpunktkontrollen, wo bis zu 25 Betriebe bis 4 Uhr früh überprüft werden, sind es sechs bis sieben Beamte, begleitet von KollegInnen von Krankenkasse, Markt- und Finanzamt. "Schwarze Schafe" werden öfter kontrolliert.

Jugendschutz hat neben Suchtmittel- und Glücksspielkontrolle, Überprüfung von Aufenthaltstiteln und Ausländerbescheinigungen Priorität. "Wir überprüfen das als Sicherheitspolizei aber nicht gesondert, sondern machen allgemeine Kontrollen und schauen, welche Amtshandlungen anstehen", erklärt Mrazek. Wettcafés, Callshops und Internetcafés werden besonders genau auf Jugendschutzübertretungen kontrolliert, vor allem im Hinblick auf nicht jugendfreie Computerspiele, Ausschank von Alkohol und Drogenhandel. "Dort halten sich tagsüber zum Beispiel häufig Schulschwänzer auf. Die Callshops haben die miesen Hütten abgelöst", sagt Mrazek.

Abmahnung oder Anzeige

Die Strafen reichen je nach Schwere des Delikts von Organstrafverfügungen von 15 Euro für nicht angebrachte Schilder bis zu Anzeigen und, im schlimmsten Fall, Festnahmen mit Gerichtsverfahren und Gewerbeentzug. Beim Ausschank von alkoholischen Getränken für Jugendliche wird es vor allem für den Lokalbesitzer kritisch. Kein Pardon kenne Mrazek bei Jugendschutzübertretungen von Wettbürobesitzern, "die Jugendliche mit der Zockerei wissend in den Ruin treiben".

Inzwischen stehen die Beamten und der Marktamtskollege vor einem Call Shop mit Waren aller Art in der Äußeren Mariahilfer Straße. Es ist weit nach 22 Uhr, trotzdem hat der Laden noch geöffnet. Sämtliche Waren sind trotz vorgerückter Stunde frei zugänglich. Der Boden ist schmutzig, die Ware türmt sich ungeordnet im Verkaufsraum, abgestandener Zigarettenrauch liegt in der Luft. In der Ecke plärrt ein Moderator von einem überdimensionalen Flachbildschirm.

Kandidat fürs Marktamt

Während die Polizisten sich bei den Jugendlichen im arg verrauchten Internetbereich im hinteren Teil des Geschäfts umsehen, verlangt Hengl vom Ladenbesitzer den Gewerbeschein. "Das ist ein Kandidat für das Marktamt", sagt der Kontrollor. Der Besitzer dürfte seine Waren nur bis 21 Uhr verkaufen, danach müsste er sie laut dem Gesetz wegräumen. Das gilt auch für Getränke und Snacks. Das aufgestellte Pappschild "Sonntag kein Handel erlaubt" macht die Situation nicht besser.

Was die dargebotenen Snacks betrifft, hat der Verkäufer Glück: Sie laufen erst in vier Tagen ab. "Sonst hätte ihn das 350 Euro pro Packerl gekostet", sagt Hengl. Er notiert die Mängel, eine Anzeige ist dem Inhaber sicher: wegen Verstoßes gegen das Öffnungszeitengesetz und die Gewerbeordnung.

Vielfältige Aufgaben

Bei den Kontrollen zugenommen hätten vor allem Amtshandlungen wegen verbotener Gegenstände, die die Entwicklung junger Menschen gefährden können, wie zum Beispiel Softguns, sagt Mrazek. Strafen wegen Alkohols würden in Wien vor allem in der Innenstadt verteilt.

In Zukunft wird auch die Kontrolle des allgemeinen Glücksspiels in den Aufgabenbereich der PolizistInnen fallen. Was sich nicht ändern wird, erklärt Roman Mrazek zum Abschluss der gemeinsamen Tour: "Dort, wo massive Übertretungen und auch Festnahmen durchgeführt werden, schauen wir immer wieder vorbei." (Isabella Lechner, derStandard.at, 10.12.2012)