Michael Gira wärmt sich auf. Mit seinen fantastischen Swans gastiert er am Mittwoch in der Wiener Arena.

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Wien - Erfolg gibt im Kapitalismus immer recht. Seit sich die New Yorker Band Swans vor zwei Jahren reformiert und seither zwei Studioalben veröffentlicht hat, tourt sie erfolgreich und viel bestaunt um die Welt. Dabei ist sie nicht gerade gefällig geworden, schielt wahrlich nicht auf den Chartserfolg.

Allein ihr heuer erschienenes Dreifachalbum The Seer belegt die Unerbittlichkeit der Mission dieser in den frühen 1980er-Jahren von Michael Gira gegründeten Band, deren Frühwerke dem Industrial zugerechnet wurden. Auch auf The Seer kredenzen Swans zähe Brocken von Musik, brutal dargebracht, bis zu einer halben Stunde lang. Das sei bloß der Blues, nur eben ohne Melodie gespielt, wie Gira gerne sagt.

Statt auf Melodien baute Gira früh auf Lautstärke, auf mehr oder weniger organisierten Lärm. So entstanden Stücke, lieblich wie nasse Sandsäcke, die mit schwerem Gerät gerne in Zeitlupentempo umgesetzt wurden: Abrissbirnenmusik.

Ende der 1980er wechselte Gira dann die Form, versuchte sich zusehends in der Folkmusik - ohne dass deshalb seine Inhalte bekömmlicher wurden: Swans behandeln die Schattenseiten des Lebens: Gewalt, Unzucht, Tod. Dass dabei eine eigene Ästhetik abfällt, die durchaus eine sperrige Schönheit besitzt, macht einen Gutteil der Faszination an dieser Band aus. Und ihre Live-Umsetzung.

Denn wie sich schon beim ersten Wien-Besuch seit der Reformierung nach langen Jahren auf Eis gezeigt hat, stemmen Gira und Co ihre Kunst immer noch mit vollem Einsatz, mit voller Brutalität über die Bühne.

Am Mittwoch ist es wieder so weit. Da treten die Swans in der Wiener Arena auf. Wer am nächsten Tag einen Hörtesttermin hat, sollte diesen besser verschieben. (Karl Fluch, DER STANDARD, 27.11.2012)