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Helmut Schüller auf einem Bild vom Mai diesen Jahres.

Foto: Uli Deck dpa/lsw

Wien - Helmut Schüller, Sprecher der österreichischen Pfarrer-Initiative, bereitet für 2013 eine große Versammlung aller derartigen Bewegungen weltweit vor. Den Vorwurf aus der Katholischen Aktion (KAÖ), man würde versuchen, die Laien zu "vereinnahmen", wies Schüller im Interview mit der APA vehement zurück. Mit der neuen KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhofer werde es zudem bald ein Gespräch geben, so Schüller.

Immer mehr Initiativen in anderen Staaten der Welt teilen die Anliegen der österreichischen Pfarrer-Initiative, weswegen man sich in den vergangenen Jahren und auch heuer stärker vernetzt habe, so Schüller. "2013 wird sicher das Jahr der Internationalisierung sein", kündigte er nun ein großes Zusammentreffen, wahrscheinlich in Deutschland an. "Ja, wir arbeiten daran. Das Ganze braucht natürlich viel Vorbereitung, weil es ja auch Zeit kostet und Kraft kostet und daher auch was weitergehen soll. Wir versuchen jetzt gerade, verschiedene Ideen zu wälzen, gemeinsame Texte, gemeinsame Treffen, Formen der öffentlichen Präsentation."

"Weitere Vernetzung sinnvoll"

Derzeit sind bereits ähnliche Gruppen von Priestern aus Deutschland, Irland, Frankreich, den USA und Australien in Kontakt mit der Pfarrer-Initiative. "Wir merken, dass damit das Argument praktisch vom Tisch ist, es handelt sich nur um ein paar österreichische Pfarrer", so Schüller. Zölibat und Frauenpriestertums seien auch keine "typisch europäischen Fragen", weswegen eine weitere Vernetzung sinnvoll sei. Mit einer gemeinsamen Konferenz will man diese "Vernetzheit" auch öffentlich demonstrieren: "Es muss etwas Ordentliches sein, es darf keine Bauchlandung sein, die uns vielleicht viele wünschen."

Zuletzt hatte die Pfarrer-Initiative angekündigt, stärker den Kontakt mit den Laien - oder "Kirchenbürgern" - zu suchen. Erste Veranstaltungen mit Pfarrgemeinderäten haben bereits stattgefunden. "Wir laden sie ein, die Dinge mit uns durchzudenken." Kritik bezüglich einer Vereinnahmung kam von KAÖ-Präsidentin Schaffelhofer - was Schüller nicht versteht: "Erstens machen wir diesen Versuch überhaupt nicht, weil es ja gar keinen Sinn hat." Die Pfarrgemeinderäte müssen in diesem Orchester Platz nehmen. Vereinnahmung wäre sogar strategisch ein schwerer Fehler. Außerdem lässt sich auch niemand vereinnahmen."

An den Anliegen der Pfarrerinitiative - unter anderem die Aufgabe des Zwangszölibats und das Frauenpriestertum - hat sich genauso wenig geändert wie der "Aufruf zum Ungehorsam". Denn: "Die Arbeitsbedingungen der Pfarrer werden immer unhaltbarer." Und auch mit der von Kardinal Christoph Schönborn angekündigte Strukturreform der Erzdiözese Wien hat man keine Freude. "Das geht in eine hochproblematische Richtung, nämlich dass man ganz einfach den Mangel an Pfarrern damit beantwortet, dass man den vorhandenen immer mehr Pfarren überantwortet." Vonseiten der Kirchenleitung werde auf die Systemkritik hingegen nur "mit Schweigen" geantwortet.

Weiterhin drängt die Pfarrer-Initiative auf ein Gespräch mit Papst Benedikt XVI. - obwohl der Vatikan auf einen entsprechenden Brief mit einer Abfuhr geantwortet hat. "Wahrscheinlich weil der Papst es nicht für möglich hält, mit Priestergruppen zu sprechen", glaubt Schüller. "Das wird uns aber nicht davon abschrecken, immer wieder diesen Vorstoß zu machen, bei der Weltkirchenleitung irgendwie gehört zu werden." Und auch auf diözesaner Ebene will die Pfarrer-Initiative nicht aufgeben, auch wenn die Bischofskonferenz einen bereits vereinbarten Termin zuletzt abgesagt hatte. Allerdings: "Wenn man uns zu Gesprächen in Zukunft einlädt werden wir schon darauf schauen, welche Qualität diese haben."

Pfarrer-Initiative trennt sich von Pfarrern unter Missbrauchsverdacht

Die Pfarrer-Initiative hat sich von zwei Mitgliedern getrennt, denen Missbrauch von Unmündigen vorgeworfen wird. Das sagte der Sprecher der Reformgruppe, Helmut Schüller, im Interview mit der APA. Gleichzeitig bemängelte er teilweise den Umgang der Amtskirche mit derartigen Fällen. Nach wie vor würden in einigen Diözesen Täter als Seelsorger arbeiten. Die Missbrauchsfälle seien zudem auch ein Problem der "autoritären Strukturen".

Erst in der jüngsten Vorstandssitzung hat die Pfarrer-Initiative Vorgangsweisen erarbeitet, wie man mit Mitgliedern unter Missbrauchsverdacht umgeht. "Wir müssen uns daran orientieren, was die kirchlichen und behördlichen Stellen letztlich zu den Vorwürfen sagen", so Schüller. "Wenn dort diese Vorwürfe für zutreffend oder plausibel erklärt werden, dann müssen wir auch diese Mitglieder bitten, nicht mehr bei uns Mitglieder zu sein." Dies sei nun mit jenen zwei besagten Priestern geschehen, die auch für Kritik an der Pfarrer-Initiative selbst gesorgt haben. Auch wenn dies "manchmal menschlich recht hart" sei. Die Bewegung habe schlicht "keine Kapazität", jeden Fall selbst zu prüfen. Aber: "Wir versuchen, mit möglichst viel Einfühlungsvermögen den richtigen Weg zu gehen."

Ganz offen übt Schüller Kritik am Umgang der römisch-katholischen Kirche mit den Missbrauchsfällen. "Ich habe immer davon geredet, auch zurzeit als ich noch die Ombudsstelle in Wien aufgebaut und geleitet habe, dass die Maßnahmen auf mehreren Ebenen gleichzeitig laufen müssen." So werde auf der "Akutebene" etwa durch die Einrichtung der Opferschutzanwaltschaft zwar sehr wohl etwas getan. Die "zweite Ebene der Konsequenz" müsse aber innerhalb der Kirche stattfinden. "Das heißt, dass Menschen, ob sie jetzt Priester sind oder andere Angestellte, die Probleme haben auf diesem Sektor, einfach nicht mit der Seelsorgeaufgabe betraut werden dürfen. Und zwar sehr konsequent nicht." Es sei "noch nicht ganz klar, ob das alle Bischöfe konsequent verfolgen".

Schwerwiegender zählt für Schüller aber die "dritte Ebene", auf der man auf Missbrauchsfälle reagieren müsste: Die "Strukturen der Autorität". In der römisch-katholischen Kirche gebe es wenig Transparenz und "Strukturen, die es fördern, dass solche Dinge so lange zugedeckt bleiben. Das ist sicher die mühsamste Geschichte, denn das ist ein Hinweisschild auf die insgesamt notwendige Strukturreform".