Strahlende Gesichter, gläubig erhoben zu Frank auf dem Podium: Das ist das Bild, das wir jetzt alle paar Tage sehen. Stronach reist durch die Lande, macht seine Show, die Säle sind voll, und die Menschen sind begeistert. Es sind überwiegend ältere Bürger, von 50 aufwärts, eher vom kleinbürgerlichen Zuschnitt. In den Umfragen erreicht er um die zehn Prozent.

Was erwarten sie sich von einem 81-jährigen Milliardär mit autoritärer Grundstruktur? Von einem Heilsversprechen ("Wahrheit, Transparenz, Fairness"), das auch von einer Sekte kommen könnte, genauso wie die Organisationsstruktur: Guru-Verehrung, Kontrollwahn und die absolut loyale Vertraute, an der keiner vorbeikommt.

Den allermeisten Menschen in Österreich geht es recht gut. Der Sozialstaat, der 30 Prozent der Wirtschaftsleistung in Anspruch nimmt, sorgt nicht schlecht für die Schwächeren. Und wenn nicht alles täuscht, dann gehören die, die sich um Stronach drängen, nicht zu den Verdammten dieser Erde. Es dürfte sich eher um ganz gut (vom Staat) abgesicherte Personen handeln, vielleicht mit Ausnahme der kleinen Selbstständigen, und - in geringem Maße - auch um Junge, die keine Zukunft sehen.

Was zum Teufel finden die an einem vordergründig freundlichen Alten, der aber ganz schön bösartig werden kann, wenn man ihm widerspricht?

Es ist dasselbe, was sie sich von Jörg Haider und Heinz-Christian Strache erwarteten. Übrigens auch von Bruno Kreisky (der jetzt in der Erinnerungsserie des ORF als "lieber Gott"dargestellt wurde).

Ein recht beträchtlicher Prozentsatz der Österreicher ist autoritär verfasst. Es soll einen geben, der entscheidet; alles, was sie unter " Streiterei" verstehen, was man aber auch als Prozess des Interessenausgleichs sehen könnte, ist ihnen zu viel.

Stronach passt in dieses Schema, weil er ein Selfmademan ist und außerdem dauernd davon redet, wie er nicht allen schon die Wadeln " vürerichten" würde. Details? Uninteressant.

Allerdings sind die meisten der Stronach-Anhänger (und der Haider- und Strache-Anhänger) ja schon realistisch genug, um zu wissen, dass jemand wie Stronach a) wahrscheinlich auch keine Wunder wirken kann und b) gar nicht einmal in eine Situation kommt, wo er es versuchen könnte. Sie wollen nur, dass jemand diese todlangweiligen und "lahmlackerten" Regierenden aufmischt. Und ein wenig hoffen sie schon, dass durch den Druck eines Stronach, Haider oder Strache die vielen gesellschaftlichen Zustände und Entwicklungen, die ihnen nicht passen, geändert oder, noch lieber, verhindert werden. Schließlich hat die Furcht vor Haider und Strache für scharfe "Ausländergesetze" gesorgt.

Von Stronach erwarten sie offenbar, dass er irgendwas gegen die Wirtschaftskrise tut und dass wir aus dem Euro austreten, ohne die Vorteile zu verlieren. Beides kann er unmöglich leisten, das wissen sogar die meisten seiner Anhänger auch, aber wenigstens können sie ihren Groll und ihr Trostbedürfnis wieder auf einen neuen Hoffnungsträger projizieren. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 24./25.11.2012)