"In der Öffentlichkeit herrscht aber noch immer das Bild des Verkäufers, der von Tür zu Tür geht, vor", sagt Johanna Stefan, Generaldirektorin der Donau Versicherung.

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STANDARD: Frauen mit Vertriebserfahrung sind in Führungsfunktionen nach wie vor eine Seltenheit. Generell wird dieser Bereich von Männern dominiert. Ist der Vertrieb für Frauen weniger attraktiv?

Stefan: Bei der Donau Versicherung ist das Geschlechterverhältnis im Vertrieb 80 zu 20. Daher habe ich im letzten Jahr eine Offensive initiiert, damit mehr Frauen als Vertriebsmitarbeiterinnen gewonnen werden. Mit Erfolg, aber es braucht für den Berufseinstieg eine hohe Überzeugungsarbeit. Frauen finden sich in dem Bereich nicht so schnell wieder. Dabei bringen viele die für Beratung und Vertrieb notwendigen Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit und Auf-Menschen-zugehen-Können mit. Es ist ein Beruf mit guten Verdienstmöglichkeiten, einer flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit. Und Mitarbeiter bekommen bei uns eine profunde Ausbildung und können sich laufend weiterbilden. Kundenberater werden auch in Zukunft gebraucht. Der persönliche Kontakt und die Beratung können durch das Internet nicht ersetzt werden.

STANDARD: In der Öffentlichkeit hat der Vertrieb aber nicht das beste Image. Warum?

Stefan: Diese Frage stelle ich mir auch oft, denn unsere Kunden sind mit der Beratungsleistung unser Vertriebsmitarbeiter sehr zufrieden. In der Öffentlichkeit herrscht aber noch immer das Bild des Verkäufers, der von Tür zu Tür geht, vor. Für die Versicherungsbranche stimmt das aber nicht. Hier gibt es einen mehrphasigen Vertrieb, der viel Beratung voraussetzt. Betreuung ist für die Versicherungsbranche besonders wichtig. Bei uns im Haus genießen die Vertriebsmitarbeiter hohe Wertschätzung.

STANDARD: Die Wirtschaftskrise setzt vielen Branchen zu - auch den Versicherungen?

Stefan: Das Umfeld ist sicher schwieriger geworden, die Kunden sind verunsichert. Dadurch ist auch die Beratung intensiver geworden. Der Bedarf beispielsweise bei privater Pensionsvorsorge oder bei Pflege ist eher größer geworden. Hier sind umfassende Aufklärung und Beratung notwendig.

STANDARD: Was macht erfolgreiche Vertriebsmitarbeiter aus?

Stefan: Wichtig ist, dass sie sich mit dem Job identifizieren können. Dann steht ihnen alles offen. 90 Prozent unserer Vertriebsmitarbeiter sind Quereinsteiger. Mit den Bewerbern werden daher intensive Gespräche geführt. Und nach sechs Monaten im Vertrieb wird noch einmal geschaut, ob die Voraussetzungen gegeben sind, um erfolgreich zu sein. (Gudrun Ostermann, DER STANDARD, 24./25.11.2012)