Das Kräuterwürzbier aus Hofstetten: Die aromatische Innovation kostet € 39,50 pro Karton mit 15 Flaschen - das ist ein stolzer Rampenpreis von acht Euro pro Liter.

Foto: Hersteller

Nur wenige Kilometer von der Brauerei Hofstetten beginnen jene Hügel, auf denen das "grüne Gold" des Mühlviertels wächst. Die heurige Ernte ist längst eingefahren - und sie war gut. Man würde hier alle Arten intensiv gehopfter Biere erwarten. Aber der Brauereibesitzer Peter Krammer ist immer für eine Überraschung gut. Wenn er ausnahmsweise Biere braut, in denen der Hopfen nur eine untergeordnete Rolle spielt, dann kann er immerhin darauf verweisen, dass sein Brauereistandort in St. Martin mit dem Jahr 1229 schon länger urkundlich belegt ist als der Hopfenanbau in der Region.

Und: So selbstverständlich, wie wir heutzutage Hopfen als Bitterstoff im Bier kennen, war der Hopfen nicht immer. Abgesehen davon, dass die hochgezüchteten Hopfensorten, die heute bevorzugt verbraut werden, noch vor 200 Jahren unbekannt waren - und erst recht vor fast 800 Jahren.

"Mühlvierteln im Salzamt"

Deutsche Brauer, die mit ideologischem Eifer ihr Reinheitsgebot verteidigen, erzählen gerne Schauergeschichten von bösen Bierzutaten, die man vor jener Verordnung vom 23. April 1516 verwendet haben soll: Vor dem Reinheitsgebot habe man allerlei Kräuter verwendet, ganz furchtbar habe das geschmeckt.

Wirklich? Peter Krammer wollte es wissen. Und er diskutierte das mit dem Koch Georg Friedl, der im Linzer Salzamt sein kleines Restaurant "Mühlvierteln im Salzamt" betreibt. In diesem Restaurant wird auch immer wieder mit Bier gekocht, allerdings stellt sich der richtige Biergeschmack nicht unbedingt dann ein, wenn man Bier oder seine Zutaten konzentriert einsetzt. Georg Friedl weiß, wie sparsam man in der Küche mit Hopfen umgehen muss - gerne verrät er den Trick, es stattdessen mit Ysop, Zitronenverbene und Wermut zu versuchen.

Gute Idee: Wenn Biergeschmack mit Ysop, Zitronenverbene und Wermut in eine Sauce eingebracht werden kann, dann müssten dieselben Gewürze doch umgekehrt auch als Bierzutat funktionieren. Das tun sie auch.

Vorbild Grutbier

Ein Kubikmeter Kräutermischung - neben den erwähnten Kräutern landeten auch Myrte, Minze, Süßkraut, Paradieskörner, Zimtblüten und Piment im Biersud - war für 20 Hektoliter Bier notwendig. Und dennoch kam ein wenig Hopfen dazu, das war bei den Grutbieren des Mittelalters auch nicht anders. Damals gab es Grutmeister, die je nach lokalem Brauch, den gerade verfügbaren Pflanzen und der gewünschten Biersorte die Gewürzmischung - eben die Grut - zusammenstellten.

Das rötlich-bernsteinfarbene Bier ist deutlich trüb, hat einen fruchtig-frischen (Pfirsiche? Waldbeeren? Orangen?) Duft, der von einem deutlichen Hauch von Minze unterlegt ist. Diese ist dann auch im Antrunk wahrzunehmen, sie unterstützt das Prickeln und die erfrischende Note, die den eher schlanken Trunk begleitet.

Peter Krammer und Georg Friedl sind nicht die einzigen Brauer, die neuerdings die alten Würzkräuter entdecken. Reinhold Barta im Brauhaus Gusswerk in Salzburg hat schon vor zwei Jahren das Geile Ziegenkraut - es wird als "Horny Goatweed" auch als Potenzmittel in der Volksmedizin eingesetzt - für die Bierproduktion herangezogen.

Wirkung als Aphrodisiakum

Bei Bartas Starkbier "Horny Betty" handelt es sich um ein schwarzbraunes Ale mit wenig Schaum, aber einem angenehmen Prickeln auf der Zunge. Die Nase und der geschmackliche Eindruck sind karamellig, ergänzt wird das durch eine spritzige Bittere, die die Zunge umspielt und den Nachtrunk trocken erscheinen lässt. 9,2 Prozent hat dieses Bier - eine Wirkung als Aphrodisiakum oder Viagra-Ersatz ist allerdings nicht belegt.

Schließlich hat auch die Stiegl-Brauerei kürzlich ein "Gewürz- & Kräuterbier" herausgebracht: Es ist das hellste und leichteste (4,8 Prozent) Bier unter den vorgestellten - hier sind es Gewürze wie Kardamom und Koriander, die auch in belgischen Witbieren zum Einsatz kommen, die neben Melisse und Lavendel für das gewürzhafte Aroma und den trockenen Trunk sorgen. (Conrad Seidl, Rondo, DER STANDARD, 23.11.2012)