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Für Windows Phone dürft es ein entscheidendes Jahr werden.

Foto: Reuters

Microsoft gehört zu den Zuspätkommern - und das nicht zum ersten Mal. Während die Konkurrenz, insbesondere Apples iOS und Googles Android in den vergangenen Jahren den Markt eroberten, benötigte man in Redmond bis 2010, um dem längst unzeitgemäßen Windows Mobile das moderne Windows Phone folgen zu lassen.

Das, so meint New York Times-Techexperte David Pogue, ist besonders in seiner jüngsten Fassung aber ein guter Wurf. Auch das Geräte-Line-up kann sich sehen lassen. Und trotzdem ist die Zukunft von Microsofts mobilen Ambitionen alles andere als gesichert.

Mit dem Rücken zur Wand

"Diesen Monat kommt Windows Phone 8 auf zwei faszinierenden, neuen Geräten: Dem Nokia 920 und dem HTC 8X", meint Pogue. Und merkt an, dass beide Firmen als "gefallene Giganten" in einer ähnlichen Klemme stecken. Nokia dominierte 14 Jahre lang den Handymarkt, verschlief aber moderne Entwicklungen und geriet die letzten Jahre massiv ins Hintertreffen.

In der Rangliste der Smartphone-Produzenten sind die Finnen nur noch Siebter. Die bitteren Konsequenzen daraus mussten zehntausende Mitarbeiter tragen. Auch für HTC sieht es nicht rosig aus. Der einst bedeutendste Telefonhersteller im Android-Segment musste innerhalb eines Jahres einen Einbruch von 36 Prozent im Verkauf hinnehmen. "Manche Firmen sind am Besten, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen", beurteilt Pogue jedoch ihre aktuellen Windows Phones.

Gelungene Geräte

Er lobt die Ergonomie und Displays der beiden recht großen Geräte. Beide sind auch mit einem flotten Prozessor bestückt und beherrschen LTE. Wireless Charging via "Qi" ist ebenfalls mit an Bord, genauso wie NFC für Mobile Payment und andere Erleichterungen. Wenngleich Microsofts System für schnelles Bezahlen nicht kompatibel zu jenem von Google ist.

Daneben stechen beide mit ihren eigenen Besonderheiten hervor. HTCs 8X. Das Gerät ist mit seniem 4,3 Zoll-Display kleiner und handlicher, hat aber die gleiche hohe Auflösung 1.280 x 720) wie das Nokia mit dem 4,5 Zoll-Bildschirm. Pogue attestiert seiner Kamera ausgezeichnete Aufnahmequalitäten zu Tage.

Das Lumia 920 schafft dafür eine längere Akkulaufzeit und bietet mit 32 GB mehr Speicherplatz - was in Ermangelung eines microSD-Slots bei beiden Modellen nicht ganz unwesentlich ist. Sein Bildschirm lässt sich obendrein auch mit Handschuhen bedienen und zu guter Letzt sticht es bei Aufnahmen bei wenig Licht sämtliche Konkurrenz mit seiner "PureView"-Kamera aus. Ebenfalls auf der Habenseite sind die Navigationsfertigkeiten zu erwähnen. Hier spielt Nokia seinen Vorteil aus, über umfangreiches und gutes Kartenmaterial und entsprechende Technologien zu verfügen. Mit Nokia Drive hat man im Gegensatz zu anderen Windows Phones auch sprachgestützte Wegfindung dabei.

Schwächen bei Spracheingabe, schwach bestückter Store

In Sachen Hardware fahren diese beiden Partner von Microsoft hochklassige Geschütze auf. Doch ihrem Betriebssystem mangelt es noch an dem einen oder anderen Feature. Zwar versteht Windows Phone 8 einfache Sprachkommandos für das Initiieren eines Anrufs, einer SMS, Suchen, Notizen und das Öffnen von Apps, das Diktieren von Texten geht allerdings nicht. Etwas was Pogue für "ein Kernfeature auf Telefonen ohne [physischer] Tastatur" hält.

Und dann wäre da noch der Windows Phone Store. Dort sollen sich nach Angaben von Microsoft mittlerweile 120.000 Programme tummeln. Viele der bedeutenden Produktiv-Apps und Spiele sind aber nach wie vor noch nicht dort verfügbar.

Der Markt spricht das Urteil

Mit einem Marktanteil von vier Prozent steht das Windows Phone-Ökosystem an einem Scheideweg. Es ist in vielerlei Hinsicht würdige Konkurrenz zu iOS, Android und Co., attestiert Pogue. Jetzt liegt es am Markt, genauer gesagt den Konsumenten, mit ihrer Kaufentscheidung ein Urteil zu fällen.

Bläst der Wind in die eine Richtung, wird Windows Phone vermutlich ein paar Prozentpunkte an Marktanteil zulegen. Bläst er in die andere, könnte es auch bald wieder Geschichte sein und am selben Friedhof liegen, auf dem Microsoft auch schon den Zune und das Kin beerdigen musste. (red, derStandard.at, 22.11.2012)