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Ärztliche Hilfe verweigert: Natalja Magnitskaja mit einem Foto ihres verstorbenen Sohnes.

Foto: DAPD

Russlands Innenministerium will einen Schlussstrich unter die Magnitski-Affäre ziehen: Die Ermittlungen zu den Vorwürfen des 2009 in U-Haft gestorbenen Rechtsanwalts Sergej Magnitski, der russische Steuer- und Ermittlungsbeamte der Aneignung von 5,4 Milliarden Rubel (135 Millionen Euro) bezichtigte, sind abgeschlossen. "Wir haben keine Informationen über die Beteiligung von Mitarbeitern der Sicherheits- und Steuerbehörden an der Veruntreuung", teilte der Vizechef der Ermittlungsabteilung, Juri Schinin, in einem Brief an Magnitskis ehemalige Kanzlei Firestone Duncan mit.

Der Fall Magnitski ist eine der aufsehenerregendsten Affären in der jüngeren russischen Justizgeschichte. Insbesondere der Tod des Anwalts erzeugte national und international große Resonanz: Wie sich herausstellte, hatte die Gefängnisleitung Magnitski jegliche ärztliche Hilfeleistung verweigert. Laut seinen Anwälten sollte er damit zur Rücknahme seiner Vorwürfe und einem Geständnis über Beihilfe zur Steuerhinterziehung seines Klienten Hermitage Fonds erpresst werden.

Als der Skandal publik wurde, reagierte der damalige Präsident Dmitri Medwedew mit der Entlassung mehrerer ranghoher Gefängnisbeamter. Gegen einen Beamten laufen Ermittlungen, eine Verurteilung steht aber bis heute aus.

Selbst die von Magnitski am schwersten belastete Leiterin einer Steuerbehörde kam mit einer Verwarnung davon. Später wurde sie dann in eine dem Verteidigungsministerium unterstellte Struktur versetzt. Ausgerechnet aus diesem Ministerium kommen nun - nach dem Rücktritt von Minister Anatoli Serdjukow - erneut Meldungen über Korruption im Ausmaß von über zwölf Milliarden Euro ans Tageslicht.

In den USA werden die Aufklärungsbemühungen Moskaus im Fall Magnitski daher als ungenügend kritisiert. Das Repräsentantenhaus hat vor wenigen Tagen die sogenannte Magnitski-Liste verabschiedet, die Einreisebeschränkungen und das Einfrieren von Bankkonten für russische Beamte vorsieht, die in die Affäre verwickelt sind.

Moskau seinerseits reagierte scharf auf die Verabschiedung der schwarzen Liste. Das Außenministerium nannte den Schritt einen "unfreundlichen und provokativen Akt" und hat "asymmetrische" Gegenmaßnahmen angedroht. (André Ballin, DER STANDARD, 22.11.2012)