Wien - Gegen die eigenen Eltern vor Gericht zu ziehen bedarf für viele wohl einiger Überwindung. Im Jahr 2011 brachten laut Justizministerium trotz dessen rund 4900 Studierende in Österreich Anträge gegen ihre eigenen Eltern ein, weil diese den Unterhalt verweigerten.

"Wir beraten die Studierenden und klären, wie hoch ihr Anspruch ist. Zu Gerichtsverhandlungen kommt es seltener, die eigenen Familienmitglieder sieht niemand gerne vor Gericht", sagt Angelika Gruber (VSStÖ) vom Vorsitzteam der Hochschülerschaft (ÖH). Die ÖH geht davon aus, dass die Dunkelziffer der Betroffenen noch viel höher liegt und der Unterhalt daher einer der größten Bereiche ist, in dem bestehendes Recht gegenüber Studierenden verletzt wird.

Die ÖH setzt verstärkt auf außergerichtliche Mediationen. Im äußersten Fall muss der Unterhaltsstreit jedoch von der Justiz geklärt werden. Zur Hemmschwelle, gegen die eigenen Eltern vorzugehen, komme hinzu, dass im Unterhaltsstreit mit zahlungsunwilligen Eltern "alle Tricks" angewandt würden, um "Einkommen zu verschleiern", sagt Scheidungsanwältin Helene Klaar.

Gerade Kindern von getrennt lebenden Eltern fehlt es oft an finanzieller Unterstützung; zumeist sind die Väter diejenigen, die nicht zahlen. Weiters würde die Unterhaltsverweigerung als "Kavaliersdelikt" betrachtet, was Klaar als ein "gesellschaftliches Problem" beschreibt.

Mit Geld ist nicht zu rechnen

Aber auch wenn die Eltern keinen Unterhalt leisten, fließt dieser in die Berechnung der Studienbeihilfe ein. Was zur Folge hat, dass sich die Studienbeihilfe entweder verringert oder sie gar nicht erst ausgezahlt wird. Dass das Geld für die Studierenden real nicht existiert, kann laut Wissenschaftsministerium nicht berücksichtigt werden: "Die Studienbeihilfe ist eine Kompensation für die Zahlungsunfähigkeit der Eltern; Zahlungsunwilligkeit kann sie nicht ausgleichen." Das sei die Aufgabe der Zivilgerichte.

Neben dem Unterhalt stellt die Familienbeihilfe ein zweites Standbein studentischer Finanzierung dar. Diese wird in Österreich entgegen europäischen Standards selbst bei erwachsenen Kindern an die Eltern ausbezahlt. Ein Rechtsstreit um die Familienbeihilfe ist aber aufgrund der Gesetzeslage de facto aussichtslos. Diese steht den Eltern zu, auch wenn der junge Erwachsene nicht mehr im selben Haushalt wohnt. (Oona Kroisleitner, Kristina Nedeljkovic, UNISTANDARD, 21.11.2012)