Der FPÖ-Chef bestritt vehement, dass deser Facebook-Post fremden- oder islamfeindlich sei.

Foto: derStandard.at

Die ultranationalistische und rechtsextreme türkische Gruppierung "Grauen Wölfe", auf Türkisch Bozkurtlar, ist auch auf Facebook vertreten.

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"Isst du Schwein, darfst du rein! :-)" So kommentierte FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache im vergangenen August ein Foto auf  seinem Facebook-Profil. Darauf zu sehen ist  Strache selbst und ein Kirtag-Spanferkel. Ein Bild das über 2.300 Mal mittels "Facebook-Likes" Zuspruch fand. Der FPÖ-Chef bestritt vehement, dass die besagte Bildtext-Kombination fremden- oder islamfeindlich sei.

Subtile Botschaften

Social Media-Plattformen bieten Möglichkeiten der Vernetzung und des schnellen Austauschs mit Gleichgesinnten. Die Popularität dieser Kanäle wird auch dazu genutzt um rechtsextremes und rassistisches Gedankengut zu verbreiten, teils offen und direkt und teils subtil.

Aus einer Untersuchung der deutschen Amadeu Antonio Stiftung, die von April 2011 bis Dezember 2011 durchgeführt wurde, geht hervor, dass nationalistische Inhalte in sozialen Netzwerken auch in gänzlich unpolitische Diskussionen als "legitime Meinungsäußerungen" miteinfließen können und somit längerfristig einen bleibenden, positiven Eindruck bei den Nutzern hinterlassen. Hauptzielgruppe der rechten Szene seien laut aktivem Monitoring der Berliner Anti-Rassismus und Rechtsextremismus Stiftung, Menschen, die in ihrem Demokratieverständnis noch nicht "gefestigt sind, wie es etwa bei Schülern noch der Fall sein kann." Das Schüren von Vorurteilen würde direkt, etwa über rassistische Aussagen, die zum Beispiel als persönliche Erfahrungsberichte veröffentlicht werden oder indirekt über Appelle an den menschlichen Gerechtigkeitssinn geschehen. Dabei seien die Annäherungsversuche an potentielle Gleichgesinnte oder unentschlossene Wähler geschickt formuliert.

Subtile Strategien und offener Rassismus

Ein anderer Zugang, den vor allem Rechtsradikale sowie Rechtspopulisten für sich entdeckt haben, sind laut Amadeu Stiftung, humoristische Sprüche und reißerische Diskussionsbeiträge. Im Internet scheint die Hemmschwelle niedriger als im realen Leben zu sein: Subtile Strategien, aber auch offene rechte Gesinnung gehören hierbei zum Repertoire der Anwender, kommentiert die Stiftung weiter.
Eindeutig rechts geprägte Comics, bearbeitete Bilder mit reißerischen Sprüchen oder auch Zitate von Dichtern und Denkern, die ein Freidenkertum signalisieren, kommen im Kontext von normalen gesellschaftspolitischen Themen zum Zug. Gesellschaftspolitische "Aufreger"-Themen werden dabei genutzt, um Sympathien gegenüber der eigenen Partei zu forcieren und meinungsbildend aufzutreten. Kampagnen, wie "Raus aus dem Euro" oder "Gegen Kindesmissbrauch", die von politischen Parteien, wie der rechtsextremen NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschland), der "sozialen Heimatpartei", eingestellt wurden, erreichen bis zu 70.000 Nutzer auf Facebook.

Bürgerliches, staatsmännisches Auftreten

Laut einer Aufklärungsbroschüre mit dem Titel "Neonazi-Strategien in Sozialen Netzwerken" , die von der Antonio Amadeu Stiftung herausgegeben wurde, bietet das Presseorgan der NPD, die "Deutsche Stimme", Ratschläge für den Auftritt in Internet-Netzwerken an. Die Anhänger rechter Gesinnung sollten besonders darauf Wert legen, ihr Online-Profil "bürgerlich und integer", "möglichst offen einsehbar" und "bei der Angabe von Informationen sehr ausführlich" zu gestalten. Der Grund: Nicht-rechte Besucher sollen möglichst viele "Berührungspunkte", "Sympathie" und Gefallen an den schlicht gehaltenen Profilen und Interessensgruppen im Internet finden.

"Ich bin zwar kein Rassist, aber..."

Die Aufklärungsbroschüre weist außerdem darauf hin, dass Neo-Nazis und rechte Populisten sich oft als die "wahren Demokraten" und als "Träger der unterdrückten Meinung" inszenieren. Ganz im Sinne von "man wird ja wohl noch sagen dürfen", oder "Ich bin zwar kein Rassist, aber..."

Ein heimisches Beispiel für einen - in diesem Sinne gelungenen - Auftritt in Social Media ist die Seite des FPÖ-Bundesparteiobmanns Heinz-Christian Strache. Dort wird einfach und verständlich zu gesellschaftspolitischen Themen, möglichst bürgernah und gemäßigt, Stellung bezogen. "Jedes Kind hat grundsätzlich das Recht auf Mama und Papa (...) Nur wenn Mama oder Papa Gewalttäter sind, vor denen man das Kind schützen muss, braucht es Beamte oder eine andere Regelung!", lautet eines der aktuellsten Meldungen auf der Facebook-Seite. Straches Facebook-Auftritt hat mittlerweile mehr als 121.700 "Gefällt mir" Angaben. Die Seite kam in diesem Jahr durch einschlägig rechte "Postings" mancher Online-Anhänger, die sich zu Themen, wie dem rechts-rechten WKR-Ball, dem Abschiebefall Arigona oder dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl äußerten, erneut in die Schlagzeilen.

Niveau Humor

Rassistische Äußerungen werden in Social Media  auch von Privatpersonen verbreitet. Außerdem bietet die Kommentarfunktion eine Möglichkeit zu einer bestimmten Sachlage, Foto, Online-Video oder Artikel, Stellung beziehen. Ein Mann aus Nürnberg hatte etwa ein Foto vom Tatort der deutschen Neonazi-Mordserie, mit den Worten "Tod dem Döner, es lebe die Nürnberger Bratwurst" kommentiert und wurde dafür angeklagt. Ein anderer kommentierte zum Thema Muslime allgemein: "Anzünden, fertig, tschüss."

Hinzu kommen zahlreiche Facebook-Gruppen mit einschlägigen Inhalten: Die Seite "Niveau hau rin!", die sich in ihrer Eigenbeschreibung als "geschmacklos, schmutzig, ehrlich " bezeichnet und sich gegen "humorbehinderte Weltverbesserer und Moralapostel" richtet, ist eine davon. Auf dieser Seite werden extrem rassistisch-visualisierte Botschaften unter dem Vorwand einer als harmlos einzustufenden Belustigung transportiert. Die Seite hat bis Dato (Stand 19.11.2012) mehr als 26.800 Abonnenten, darunter finden sich besonders viele "Normal-Bürger" aus den unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft, deren Facebook-Profile ohne eindeutig feststellbare Nazi-Codes oder Insider-Zeichen auskommen.

Ethno-Faschismus

Ein weiteres Phänomen, das seine Verbreitung auch vermehrt in sozialen Netzwerken findet ist der sogenannte "Ethno-Faschismus. Laut den Beobachtungen des deutschen Verfassungsschutzes, verbreiten manche ethnische oder religiöse Migrantengruppierungen offenen Nationalismus in Netz. Hierzu stellt der Verfassungsschutzbericht fest: "Das gewaltverherrlichende Moment findet sich insbesondere in einer türkischen Jugendkultur in Deutschland, die sich neben den Vereinsstrukturen zunehmend in den sozialen Netzwerken des Internet auslebt."

70 Prozent der Jugendlichen sindvernetzt

Jugendliche gehören zu den aktivsten Internetnutzer, insbesondere wenn es um soziale Netzwerke geht. Laut der Studie "Jugend 2.0", die vom deutschen "Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien" (Bitkom) 2011 veröffentlicht wurde, sind 98 Prozent der 700, für die Studie befragten Jugendlichen, die zwischen 10-18 Jahre alt waren, online. Mehr als 70 Prozent davon nutzen soziale Netzwerke, wie Facebook aktiv. Platformen wie "Netz-Gegen-Nazis" versuchen vor allem bei Jugendlichen aktive Aufklärungsarbeit zu leisten und rechten Parolen im Netz mittels Aufklärungskampagnen entgegenzutreten. (Toumaj Khakpour, 21.11.2012, daStandard.at)