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Schön, aber leer: Insbesondere im Süden Spaniens stehen reihenweise Fincas zum Verkauf. Die Regierung sucht Chinesen oder Russen als rettende Investoren.

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Not macht erfinderisch. Größere Not regt scheinbar die Fantasie an. So feilen aktuell nicht weniger als sechs spanische Ministerien an Gesetzesreformen wie beispielsweise im Fremdenrecht, um kaufwilligen Ausländern Aufenthaltsbewilligungen ausstellen zu können. Im Gegenzug sollen diese Immobilien mit einem Mindestwert von 160.000 Euro erwerben.

Bei einem quasi konstant bleibenden Bestand unverkaufter Eigenheime von knapp 800.000 Objekten - das Gros davon an der spanischen Mittelmeerküste und in Bankenhand - scheint der Rechtsregierung in Madrid auch ein unkonventionelles Mittel recht und billig. "Wir müssen den Bestand an Immobilien zu vernünftigen Preisen abbauen", sagte Premier Mariano Rajoy vom Partido Popular (PP).

"Es gilt primär den Markt für Chinesen und Russen zu öffnen", sagte der Staatssekretär für Handel Jaime García-Legaz (PP): "auf dass diese auch ihre Wohnungen in Spanien genießen können." Eine Arbeitserlaubnis werde jedoch aller Voraussicht nach nicht daran gekoppelt sein. Eine Entscheidung in dieser Materie wurde noch nicht gefällt, betonte Legaz weiter, der die "enorme Wichtigkeit des Immobilienmarktes für die Schaffung von Arbeitsplätzen" unterstrich.

Nachwehen lindern

Um die Nachwehen der Blasenleiden nach exzessiven Immobilienspekulationen zu lindern, sind ähnliche Maßnahmen auch in Irland und Portugal beschlossen worden und auch in den USA und Italien gängig. Die rasche Wiederbelebung des iberischen Häusermarktes scheint auch Ziel des Präsidenten des spanischen Bankenverbands, Miguel Martín, zu sein. Er forderte dazu auf, mehr Hypothekenkredite auszugeben.

Warnende Worte fand indes Juan Rosell, Präsident des spanischen Unternehmerbundes CEOE. Die negativen Konsequenzen könnten die positiven übertreffen: "Wenn wir Gerüchte sähen, Blasen wieder aufblähen, dann werden uns diese in unseren Händen zerplatzen." Es sei eine Schande, echauffierte sich Gustavo Fajardo, Anwalt der Organisation América-España Solidaridad y Cooperación (AESCO): "Anstatt Sozialwohnungen zu schaffen, öffnet die Regierung zwangsgeräumte Wohnungen erneut der Spekulation." Auch die Oppositionsparteien reagierten empört. "Die geplante Maßnahme dient einzig der Freunderlwirtschaft und Willkür", meinte auch der spanische Anwaltskammer-Präsident Carlos Carnicer zu El País.

Die Wogen gehen auch wegen der Eilmaßnahmen gegen Zwangsversteigerungen hoch. Die sozialistische Opposition fordert eine umgehende Reform des Hypothekengesetzes. Sozialistisch regierte Städte und Gemeinden schließen nun auch ihre Konten bei Banken, die weiterhin Zwangsräumungen durchführen. Abel Caballero, der linke Bürgermeister des nordspanischen Vigo, geht gar noch weiter. Er verweigert den Einsatz der städtischen Lokalpolizei bei Delogierungen, sofern diese von Banken angeordnet sind.

Mittlerweile prüft auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, ob das spanische Hypothekenrecht EU-konform ist. "Konsumenten sind nicht ausreichend gegen nachteilige Vertragsklauseln geschützt", kritisierte zuletzt EuGH-Generalanwältin Juliane Kokott, die eine Klage von Kunden der mittlerweile verstaatlichten CatalunyaCaixa aufgriff. (Jan Marot aus Granada, DER STANDARD, 21.11.2012)