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Wer so teure Klunker tragen kann, kann auch einen größeren Beitrag zum Gemeinwohl leisten, sind die Millionäre überzeugt.

Foto: AP/Laurent Gillieron

In Berlin hat sich eine Initiative formiert. Ihre Mitglieder: Vermögend. Einer von ihnen: Dieter Lehmkuhl. "Ich schätze die soziale Absicherung, die ein gewisses Vermögen vermitteln kann, dafür bin ich dankbar, und das würde ich jedem auch wünschen", sagt er dem Deutschlandradio. Und er wünscht es nicht nur jedem, er möchte auch dazu beitragen, er möchte abgeben. Lehmkuhl war schon 2009 dabei, als 22 Millionäre die Politik dazu aufforderten, eine Vermögensabgabe einzuführen. Diese potentielle Abgabe sollte Personen mit einem Gesamtvermögen von über 500.000 Euro treffen. Für Betriebsvermögen sollte ein Freibetrag von drei Millionen Euro gelten. Laut der Homepage der Bewegung haben mittlerweile 62 Menschen diesen Appell unterschrieben.

Keine "Gutmenschen"

Die Reichen sollten zehn Prozent ihres Vermögens abgeben, fordert Lehmkuhl, und zwar vom Vermögen jenseits einer halben Million Euro. Dafür plädiere er nicht, weil er ein Gutmensch sei, sondern weil er große Probleme auf die Gesellschaft zukommen sehe, sagt der 69-Jährige Psychiater. Er selbst lebt von seiner Rente. 19 Jahre hat er einen sozialpsychiatrischen Dienst geleitet, sein Vermögen hat er geerbt. Ein bisschen ist ihm das peinlich: "Kapitalgewinne sind leistungslose Einkommen." Den großen Reichtum hätten nicht die Selfmademen, oft seien es ererbte Vermögen, die Menschen ließen ihr Geld arbeiten. "Ich profitiere davon, aber ich hätte es lieber anders - durch andere Gesetzgebung und Verteilung", so Lehmkuhl.

Die Unterzeichner der Petition wollen nicht dabei zusehen, wie die Schere zwischen Reich und Arm immer weiter aufgeht. Lehmkuhl spricht von einer Systemkrise und davon, dass eine hohe soziale Ungleichheit das Vertrauen in die Demokratie untergrabe und zum  gesellschaftlichen Ausschluss großer Bevölkerungsteile führe. "Wir wissen, gleichere Gesellschaften sind auch ökonomisch stabiler und effizienter", sagt er. Könnten mehr staatliche Ausgaben in die Bildung fließen, würde das Potenzial einer Gesellschaft besser entwickelt. Auch viele soziale Probleme hingen mit dieser Ungleichheit zusammen, so der Millionär. Außerdem wisse man, dass durch die Konzentration des Reichtums das Geld großteils in die Spekulation gegangen sei und nicht in die Wirtschaft.

Die "Initiative Vermögender" sei auch ein "politisches Signal dafür, dass in der Finanz- und Wirtschaftskrise Vermögende wie wir stärker an den Lasten der Krise beteiligt werden müssen", wurde Bruno Haas 2009 zitiert. Der damals 31-jährige Koordinator der Gruppe, zu der Ärzte, Unternehmer und Lehrer zählen, studierte in New York und promovierte anschließend in Bielefeld. Seine Familie besitzt ein mittelständisches Chemie-Unternehmen in Südhessen. Er habe zwar nichts dagegen, wenn sich auch prominente Reiche der Initiative anschließen würden, sagte Haas, aber es gehe mehr um den "Vermögenden von nebenan".

Auch Haselsteiner würde mehr zahlen

Auch in Österreich ist das Vermögen "sehr ungleich" verteilt: Den vermögendsten fünf Prozent gehört fast die Hälfte des Gesamtvermögens, während sich die untere Hälfte aller Haushalte nur vier Prozent aufteilt. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Sozialbericht. Demnach war 2010 eine halbe Million Menschen von "manifester Armut" betroffen, das sind doppelt so viele wie im Jahr 2005. Diese Menschen können etwa ihre Wohnung nicht warmhalten, sich keine Arztbesuche leisten. Nahrhaftes Essen und neue Kleidung sind ihnen zu teuer.

Gegen diese soziale Spreizung "sollten wir möglichst rasch etwas tun, auch damit die Maßnahmen dann nicht zu extrem werden, wenn es einmal zu spät ist", forderte auch Strabag-Boss Hans-Peter Haselsteiner. Er wäre dazu bereit, höhere Steuern zu zahlen, denn ein gerechteres System sei "wichtig für den Zusammenhalt", sagte er in einem Ö1-Interview im vergangenen Jahr. Wie für die Berliner Millionäre steht auch für den Bauunternehmer nicht die Budgetsanierung im Vordergrund, sondern der "Kitt" gegen die soziale Schere, "der Kitt, der uns friedliche, angenehme Lebensumstände in einer offenen Gesellschaft ermöglicht." Eine konkrete Vermöngensgrenze nannte Haselsteiner nicht, aber: "Alles was mehr als eine Million ist, steht einmal unter Beobachtung."

Buffet will zu US-Haushaltssanierung beitragen

Um den Abbau der hohen amerikanischen Staatsverschuldung geht es dagegen Warren Buffett. Auch der Milliardär glaubt, dass dazu höhere Steuern für Superreiche notwendig seien. "Meine Freunde und ich sind lange genug von einem Milliardär-freundlichen Kongress verhätschelt worden", schrieb er im vergangenen Jahr in einem Kommentar für die "New York Times". Für ihn gebe es Steuererleichterungen, während die Mittelschicht immer schlechter mit ihrem Geld zurecht komme, kritisierte er.

Er selbst habe 2010 knapp sieben Millionen Dollar Steuern gezahlt. "Das hört sich nach viel Geld an. Aber es entspricht lediglich 17,4 Prozent meines versteuerbaren Einkommens - und das ist ein geringerer Prozentsatz, als ihn jeder andere der 20 Mitarbeiter in unserem Büro zahlte", schrieb der Multimilliardär. Deren Sätze lägen zwischen 33 und 41 Prozent. Er kritisierte vor allem die Republikaner und widersprach auch deren These, wonach höhere Steuern Arbeitsplätze vernichteten. Seit den Steuererleichterungen unter Präsident Bush seien viel weniger neue Jobs geschaffen worden als etwa in den 80er und 90er Jahren - und damals hätten die Reichen noch höhere Steuern gezahlt.

Geldflüsse in Steueroasen

Um zu verhindern, dass Vermögende eine mögliche höhere Abgabe umgehen, forderte die Berliner Initiative schon 2009, per Gesetz Geldflüsse in Steuerparadiese zu erfassen. "Die deutschen Finanzbehörden müssen mehr Kompetenzen zur Verhängung von Sanktionen gegen all diejenigen erhalten, die Geschäftsbeziehungen mit Steueroasen unterhalten", lautete der Appell. Würde man nämlich das in den Steueroasen dieser Welt versteckte Vermögen mit berechnen, wäre die Kluft zwischen Arm und Reich noch gewaltiger, sagt Unterzeichner Lehmkuhl dem Deutschlandradio. 

Bis sich politisch etwas ändert, gehe er jedenfalls schon einmal mit gutem Beispiel voran. Seine Kapitalerträge spendet und stiftet er. Er unterstützt vor allem soziale Bewegungen in den Bereichen Umwelt, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte. Lehmkuhl möchte nachhaltig spenden und nachhaltig verändern. Dem Bettler in der U-Bahn gebe er in der Regel nichts. (part, derStandard.at, 20.11.2012)