Bild nicht mehr verfügbar.

Im Gericht am Zrjinksi-Platz in der Innenstadt Zagrebs fanden sich am Dienstag auch zahlreiche Journalisten ein. Sanader saß oftmals mit verschränkten Armen da.

Foto: Reuters/Bronic

Bild nicht mehr verfügbar.

Sanader hat illegale Provisionszahlungen von der Hypo Alpe Adria und Schmiergeld vom ungarischen Konzern MOL angenommen.

Foto: REUTERS/Antonio Bronic

Vor der Verhandlung wirkte er noch relativ entspannt, nach der Verlesung des Urteils hielt er dann zeitweilig die Arme trotzig verschränkt. Beinahe zwei Stunden führte Richter Ivan Turudic aus, weshalb der ehemalige Premierminister Kroatiens, der einstmals mächtige Chef der konservativen HDZ, für zehn Jahre ins Gefängnis muss. Und zwar sofort. Sanader konnte gerade noch seinen Mantel vom Kleiderständer nehmen, dann wurde er von zwei Polizisten in die Mitte genommen und verließ den Saal. Sanader machte keinen Mucks, aber sah verärgert und enttäuscht aus.

Turudic hatte dem 59-Jährigen zuvor noch die Leviten gelesen. Sanader habe als Premier nicht das Allgemeinwohl vor Augen gehabt, sondern persönliche Bereicherung. Der Richter wollte das Urteil als Botschaft an alle Regierenden verstanden wissen. Sanader habe nicht nur wichtigen strategischen Interessen, sondern auch dem Ruf Kroatiens geschadet. Die Strafpredigt wurde ziemlich persönlich: "Sie haben dazu beigetragen, dass die Bürger keinen Ausweg aus der Apathie gesehen und das Vertrauen in den Staat verloren haben."

Der Richter wies auch auf die einzigartige Stellung Sanaders in der HDZ und Regierung hin. "Sie, Herr Sanader, waren Architekt eines Systems, in dem nur die Entscheidungen getroffen wurden, die Sie wollten."

Für Kriegsgewinnlertum in der Causa Hypo wurde Sanader in erster Instanz zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, im Fall Ina-Mol zu siebeneinhalb Jahren Haft. Insgesamt muss Sanader für zehn Jahre ins Gefängnis, zudem muss er 477.000 Euro zahlen, jenen Betrag, um den der kroatische Staat geschädigt wurde. Die Anklage hatte die Höchststrafe von 15 Jahren gefordert. Sanader kann in Berufung gehen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

500.000 Euro von der Hypo

Ein weiteres Urteil in der Causa Fimimedia wird erst in einigen Monaten erwartet. Die Prozesse gegen Sanader begannen vor mehr als einem Jahr. Im Fall Hypo geht es darum, dass der damalige Vizeaußenminister Sanader 1995 einen Kredit über etwa zehn Millionen Euro für den Aufbau von Auslandsvertretungen Kroatiens mit der Hypo Bank Kärnten eingefädelt hat. Für den Markteintritt der Hypo in Kroatien hat er laut Urteil 500. 000 Euro kassiert. Das Gericht schenkte der Version der Verteidigung, wonach das Geld an den Geschäftsmann Eugen Laxa geflossen sei, keinen Glauben. Auch die Aussage von Ex-Hypo-Kärnten-Chef Wolfgang Kulterer wies der Richter zurück. Sanader habe den Umstand, dass in Kroatien damals noch Krieg war, für sich genutzt, so Turudic.

Im Fall Ina-Mol wurde Sanader verurteilt, vom ungarischen Erdölkonzern Mol zehn Millionen Euro Schmiergeld dafür bekommen zu haben, dass die Ungarn 2009 die Führung im kroatischen Erdölkonzern Ina übernahmen. Die Mol hat seit der Änderung des Aktionsvertrags fünf von neun Aufsichtsratsposten inne. Dieser Vertrag beinhaltete auch, dass das verlustreiche Gasgeschäft ausgelagert wurde und der Staat die Verluste übernahm. Damit habe Sanader gegen die Interessen Kroatiens gehandelt, so das Gericht. Kronzeuge im Fall Ina-Mol war ein ehemaliger Freund Sanaders, der Geschäftsmann Robert Jezic, der ausgesagt hatte, von Sanader gebeten worden zu sein, dass fünf Millionen Euro auf sein Schweizer Konto überwiesen werden. Jezic muss nun das Geld zurückzahlen.

Video im Restaurant

Berühmt wurde ein Video, in dem man Sanader mit Mol-Chef Zsolt Hernádi im Oktober 2009 beim Abendessen im Zagreber Restaurant Marcellino sieht. Sanader nahm bei dem Treffen die Batterie aus seinem Handy und schrieb etwas auf einen Zettel. Die Mol wies am Dienstag den Vorwurf, Bestechungsgeld bezahlt zu haben, zurück.

Die Reaktionen auf das Urteil waren in Kroatien vorwiegend positiv. HDZ-Chef Tomislav Karamarko verwies darauf, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Die HDZ habe aber begonnen, gegen die Korruption anzukämpfen. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, der Kampf gegen die Korruption sei die Grundlage von Rechtsstaatlichkeit, und Kroatien habe große Fortschritte in dem Bereich gemacht. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 21.11.2012)