Ein Paar bekommt ein Kind. Selbstverständlich geht der Papa in Karenz, die Mama arbeitet weiter. Und niemand diskutiert mehr darüber. Von derlei Szenarien ist auch Deutschland noch weit entfernt, nach wie vor sind hauptsächlich die Frauen für die Betreuung kleiner Kinder verantwortlich.

Dennoch: Die Zahl der Väter, die ihren Job zumindest für eine kurze Zeit an den Nagel hängen, um ganz für den Nachwuchs da zu sein, steigt kontinuierlich. Das liegt an den sogenannten "Vätermonaten", die im Jänner 2007 von der großen Koalition aus CDU/ CSU und SPD eingeführt worden sind.

Eltern, deren Kinder nach diesem Stichtag geboren wurden, haben das Recht, 14 Monate in Karenz zu gehen. In dieser Zeit bekommen sie Elterngeld. Diese staatliche Leistung ist bewusst als Lohnersatz angelegt, um auch Männern, die vielerorts immer noch besser verdienen als Frauen, einen Anreiz zu bieten.

67 Prozent des Nettoeinkommens

Das Elterngeld beträgt monatlich 67 Prozent des Nettoeinkommens jenes Partners, der beim Kind zu Hause bleibt. Maximal werden pro Monat 1800 Euro ausbezahlt. Mindestens zwei der 14 Monate muss der andere Partner - meist der Vater des Kindes - pausieren, dann zahlt Vater Staat 14 Monate lang.

Am Anfang wurden die beiden Vätermonate in Deutschland noch als " Wickelvolontariat" belächelt. Doch mittlerweile lästert kaum noch jemand, denn die Statistik spricht für sich. Seit Einführung des Elterngeldes samt Vätermonaten gehen immer mehr Männer in Karenz. 2006 waren es nur magere drei Prozent, 2007 waren es im ersten halben Jahr schon 8,3 Prozent. Derzeit liegt der Anteil der Väter bei 25,3 Prozent.

Entscheidenden Einfluss, ob auch Papas zu Hause bleiben, hat laut Roderich Egeler, dem Chef des Statistischen Bundesamts, die Entscheidung, ob Frauen arbeiten, wenn sie schwanger werden: "Wenn Frauen einer Erwerbstätigkeit nachgehen und Nachwuchs bekommen, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch der Vater eine Babyzeit nimmt."

Am häufigsten nehmen Väter übrigens in Bayern das Elterngeld in Anspruch, auch in Sachsen und Berlin sind die Papas sehr interessiert. Eigentlich wollte die derzeit amtierende schwarz-gelbe Regierung den Vätern künftig vier Papamonate zugestehen und finanzieren. Doch dann zog Familienministerin Kristina Schröder (CDU) die Notbremse und erklärte, es bleibe aus finanziellen Gründen bei den zwei Monaten.

Frankreich: Elf Papatage

Frankreich ist gegenüber jungen Eltern großzügig bei Geburts- und Kinderbeiträgen. Der Vaterschaftsurlaub geht jedoch nicht sehr weit; er ist zudem erst seit zehn Jahren in Kraft.

Im Jahr 2002 führte die sozialistische Regierung Jospin auf Drängen von Ségolène Royal elf Tage Urlaub für Väter ein. Er gilt nach der Geburt oder teilweise auch nach einer Adoption. Sonn- und Feiertage sind inbegriffen; hingegen kommen die elf Tage zu den drei "Geburts-Freitagen" hinzu. Insgesamt kann ein Vater also rund drei Wochen aussetzen; für sein Einkommen kommt in der Zeit die Sozialversicherung auf.

Anders ist es bei dem "Elternurlaub", den Frankreich seit langem kennt. Einer der beiden erwerbstätigen Elternteile kann ihn ein Jahr lang nach der Geburt nehmen. Er wird finanziell nicht entschädigt; nach Ablauf der Frist besteht immerhin der Anspruch, seinen Arbeitsplatz wieder zu den gleichen Bedingungen wie vorher übernehmen zu können.

In der aktuellen Linksregierung gibt es Bestrebungen, den Vaterschaftsurlaub auszuweiten. Wegen des Sparkurses hat dies derzeit aber wenig Chancen.

Schweden: 90 Prozent nützen die zwei Papamonate 

Seit 1974 gibt es in Schweden ein einkommensabhängiges Elterngeld, das beide Eltern in Anspruch nehmen können. Eltern können bis zum achten Lebensjahr des Kindes insgesamt 480 Tage lang Elterngeld beziehen und erhalten 80 Prozent ihres Bruttogehalts oder einen Minimalbetrag von 180 Kronen (rund 20 Euro) am Tag. Dieser Minimalbetrag soll auf 225 Kronen angehoben werden, gleichzeitig soll künftig die Bezugsmöglichkeit mit dem vierten Lebensjahr des Kindes enden.

Nach wie vor ist Elterngeld vor allem "Mama-Geld": 2011 nahmen Mütter 76,3 Prozent der Elterntage in Anspruch - vor allem weil Frauen auch in Schweden meist weniger verdienen. Doch seit 1995 der für die Väter reservierte "Papamonat" eingeführt wurde, holen die Männer auf. Bis zu diesem Zeitpunkt war Elternzeit fast ausschließlich Frauensache. Inzwischen gibt es zwei "Papamonate", die neunzig Prozent der Männer zumindest teilweise nutzen. Dabei picken sich die Männer allerdings gern Rosinen heraus: Viele verlegen ihren Erziehungsurlaub in die Sommermonate oder in das Umfeld von Feiertagen.

Mit zwei Papatagen Schlusslicht Europas 

Bei uns in den Niederlanden dürfen Frauen 14 Wochen Babypause machen. Das ist zwar auch nicht grandios, doch bei unseren Männern sieht es ganz schlimm aus", erklärt die 36-jährige Sekretärin Vanessa Wassenaar aus Den Haag. Männer "dürfen lediglich zwei Tage freinehmen, wenn sie Vater werden". Einen Tag zur Geburt, einen zweiten, um das Kind im Rathaus anzumelden. Die Niederlande zählen in dieser Frage zum europäischen Schlusslicht.

Die niederländischen Grünen versuchen seit 2007 aus den zwei Tagen zwei Wochen zu machen. Dabei scheiterten sie immer wieder am Widerstand anderer Parteien, denen diese Gesetzesänderung einfach zu teuer ist - allen voran der rechtsliberalen Regierungspartei VVD von Premierminister Mark Rutte: In Zeiten der Krise dürfe man Arbeitnehmer nicht mit zusätzlichen Kosten belasten.

Dennoch haben die Grünen mit den Christdemokraten einen neuen Vorstoß gewagt, fordern jetzt aber nur noch eine Woche. Diesen Mittwoch debattiert das Abgeordnetenhaus über die Gesetzesänderung, nächste Woche kommt es zur Abstimmung.
 (bau, brae, ren, kes, DER STANDARD, 20.11.2012)