Fiedler: "Auf zehn Prozent der Kosten für die Abfang jäger bleibt die Republik sitzen."

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Teuer und verfänglich: Eurofighter-Deal

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Wien - Kaum mehr als 15 Minuten würden die 15 Eurofighter vom Abheben in Zeltweg bis zum Aufsetzen in München, genauer im 70 Kilometer entfernten Manching, brauchen, wo das Werk ihres Herstellers EADS steht. Doch was sich flugtechnisch mit einem "Nachbrenner" (einer Zusatzeinrichtung für das Turbinenstrahltriebwerk, das bei gesteigertem Kraftstoffverbrauch die Geschwindigkeit erhöht) recht rasch erledigen ließe, wäre für die Republik im Fall der Bestechung bei dem 1,7-Milliarden-Deal ein wesentlich aufwändigeres Unterfangen - das sich womöglich kaum auszahlt.

Denn bei einem endgültigen Take-off der Eurofighter, also einem Ausstieg aus dem Vertrag, kämen auf das Land enorme Probleme zu, wie Franz Fiedler, einst Rechnungshofpräsident, jetzt Vorsitzender des Beirats von Transparency International, dem Standard vorrechnet. "Zumindest auf zehn Prozent der Kosten für die Abfangjäger bleibt die Republik sitzen", ist der Experte überzeugt. Das entspricht etwa 170 Millionen, etwa 160 Millionen hat der Staat allein für Infrastruktur in ihren Heimatflughafen Zeltweg investiert. Fiedler: "Der Aufwand für die Ausbildung der Piloten wäre in dem Fall verloren, ebenso die entsprechende Adaptierung und Ausstattung des Flugplatzes und der Hangars." Und: "Wegen der Abnützung des Fluggeräts würde auch nicht der gesamte Kaufpreis rückerstattet."

Fünf Jahre bis zu neuen Abfangjägern

Dazu würde laut Fiedler eine neuerliche Ausschreibung samt Bieterverfahren Österreich zumindest "einen zweistelligen Millionenbetrag" kosten, also elf, zwölf Millionen Euro. Bis dann ein Typenentscheid fällt und andere Abfangjäger landen, würden "vermutlich fünf Jahre" vergehen.

Zum Vergleich: Beim Eurofighter dauerte es vom Entscheid 2002 bis zur Übernahme der Luftraumüberwachung 2008 sechs Jahre. Weiters brauchte es womöglich andere Jets als Übergangslösung samt weiterer Investitionen in die Infrastruktur. "Und zu alledem kommt noch die innenpolitische Belastung und damit jede Menge Sprengstoff", erklärt Fiedler im Hinblick auf den einst umstrittenen Beschaffungsvorgang beim Eurofighter genauso wie bei dessen Vorgänger, dem Draken.

Ist beim Kauf der Eurofighter tatsächlich Schmiergeld geflossen und gar - wie die Münchner Staatsanwaltschaft laut Profil glaubt - in den Preis eingerechnet worden, was den Deal verteuert haben könnte, sollte die Republik "Schadensersatzansprüche im Umfang der Höhe der Bestechungsgelder" stellen, erklärt Fiedler. Weil: "Angesichts der bevorstehenden Problematik, die mit einer Neuausschreibung verbunden ist, würde das die problemlosere Variante darstellen - so ließe sich zumindest eine Preisreduktion erzielen."

Zwei Hürden

Bis es so weit kommt, gilt es gemäß dem Juristen und ehemaligen Staatsanwalt für Wirtschaftsstrafsachen allerdings noch zwei rechtliche Hürden zu nehmen: Erstens ist der Kaufvertrag samt Anti-Schmiergeld-Klausel einst mit der Eurofighter GmbH abgeschlossen worden, die möglichen Schmiergelder wurden jedoch über den Mutterkonzern EADS Deutschland abgewickelt.

Zweitens: Durch die Reduktion der 18 bestellten Eurofighter auf 15 Stück, die Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) nach seinem Amtsantritt 2007 erwirkt hat, könnte eine sogenannte "Novation" vorliegen, die den ursprünglichen Vertrag ausschaltet, wie Fiedler zu bedenken gibt. "Das sind rechtlich zwei sehr heikle Fragen."

Und noch ein weites Feld täte sich bei einer Rückabwicklung auf: Was ist mit all den Gegengeschäften, die im Zuge des Deals tatsächlich geschlossen wurden? Fiedler: "Das lässt sich noch gar nicht abschätzen, denn da gibt es allzu viele Unwägbarkeiten." (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 20.11.2012)