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Wenn das Geld fürs Heizen nicht mehr reicht: Manifeste Armut wird zum immer größeren Problem in Österreich

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Wien - Der am Montag von Minister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) präsentierte Sozialbericht ist ernüchternd. Die Kernaussagen: Das österreichische Vermögen ist ungleich verteilt, die Armut steigt und wird es weiterhin tun, seit dem Jahr 2005 hat sich die Zahl der von manifester Armut Betroffenen verdoppelt.

Unter die Bezeichnung "manifest arm" fallen jene Menschen, die sowohl über weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens verfügen als auch "finanziell depriviert" sind - also ihre Wohnung nicht warmhalten können, sich Arztbesuche nicht leisten oder denen nahrhaftes Essen und neue Kleidung zu teuer sind. Von dieser Situation war im Jahr 2010 eine halbe Million Menschen betroffen, rund 140.000 Personen mehr als noch im Jahr 2005.

Jugendliche und Frauen gefährdet

Noch deutlicher ist die Zunahme langfristig verfestigter Armut. Denn zwischen den Jahren 2005 und 2010 hat sich die Zahl der Menschen, die in zwei aufeinanderfolgenden Jahren finanziell depriviert waren, mehr als verdoppelt. Die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen nahm hingegen trotz der Wirtschaftskrise in den letzten Jahren ab. Am stärksten betroffen sind weiterhin Jugendliche und Frauen - für Letztere liegt die "Gefährdungsquote" um fast ein Drittel höher als für Männer. Aus dem Sozialministerium wird auf Anfrage des Standard jedoch darauf hingewiesen, dass der Bericht die Veränderungen durch die Einführung der Mindestsicherung - die mit dem Jahr 2010 nach dem Erhebungszeitraum liegt - noch nicht berücksichtigt.

Ein weiterer Punkt des Sozialberichts umfasst das Thema Verteilungsgerechtigkeit. So wurde festgestellt, dass auf die vermögendsten fünf Prozent fast die Hälfte (45 Prozent) des Gesamtvermögens entfallen, während sich die untere Hälfte aller Haushalte nur vier Prozent aufteilt. Auch innerhalb der Lohneinkommen würden Ungleichheiten steigen. Durch Steuer und Sozialtransfers werde die Verteilung der Bruttoeinkommen "allerdings beträchtlich korrigiert".

Zumindest etwas Positives weiß man aus dem Sozialministerium zu berichten: Die Folgen der Wirtschaftskrise hätten sich für Österreicher im EU-Vergleich nur "relativ moderat auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Lebensstandard" ausgewirkt. Das sei der Verdienst wirtschafts-, fiskal- und beschäftigungspolitischer Maßnahmen. Die Sozialquote sei infolge der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 vorläufig stark angestiegen, was "Voraussetzung für die wirtschaftliche Erholung" gewesen sei. Nun sei sie wieder rückläufig. (mika, APA, DER STANDARD, 20.11.2012)