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In Texas auf der richtigen Seite: Fernando Alonso.

Foto: APA/EPA/Ebener

Austin - "Wenn ich wetten müsste, würde ich auf Sebastian setzen", sagt Bernie Ecclestone. Und der Formel-1-Boss ist sich seiner Sache nach dem GP der USA offenbar sicher: "Wieviel? So viel sie wollen." Selbstverständlich geht es um die Frage, wer sich im letzten Saisonrennen am kommenden Sonntag in Sao Paulo die Weltmeisterschaft holt - der WM-Leader auf Red Bull oder doch noch Fernando Alonso?

Auch die internationale Presse glaubt in ihrer Mehrheit weiter an den Titelverteidiger. "Vettel steht kurz vor der Krönung", urteilte "Le Figaro". "Er hat eine Hand im Handschuh am Titel", schrieb die "Daily Mail". Alonso (13 Punkte zurück) aber ist ein Gegner der Extraklasse, der sich einfach nicht abschütteln lässt. Nach der kontrollierten Fahrt von Startplatz sieben auf Rang drei in Austin ging der Asturier sofort wieder zum verbalen Angriff über. "Auf dem Papier liegt unsere Chance vielleicht nur bei 25 Prozent. Aber tief in mir spüre ich, dass es viel mehr ist", verkündete der 31-Jährige.

Bis tief in die Grauzone hatte Ferrari das Reglement zuvor ausgereizt, als mutwillig ein Siegel am Getriebe des treuen Massa gebrochen wurde und der Brasilianer so am Start hinter Alonso rücken musste. "Ferraris Trick hätte jeder angewandt, wenn ein WM-Titel auf dem Spiel steht", erteilte die "Gazzetta dello Sport" der Scuderia Absolution. Vettels Lehre aus dem Schachzug, den Ferrari bemerkenswert offen und ohne schlechtes Gewissen einräumte: "Was die anderen machen, liegt nicht in unseren Händen. Wir müssen uns auf jeden einzelnen Schritt konzentrieren."

"Offen damit umgehen"

Viele Beobachter waren sich sicher, dass Red Bull im Gegenzug Mark Webber hätte "opfern" wollen, wenn denn nur noch genug Zeit gewesen wäre. Alonso war durch die Rückversetzung Massas nämlich nicht nur um einen Platz von acht auf sieben vorgerückt, sondern vor allem auf die "saubere Seite" der neuen Strecke in Texas. Ein immenser Vorteil, den man so wieder hätte zunichte machen können.

"Der Unterschied zwischen der linken und der rechten Seite der Startaufstellung war einfach zu eklatant, und für uns war es die einzige Chance gewesen, die Titelentscheidung zu vertagen", sagte Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali. "Und uns war sofort klar, dass wir offen damit umgehen wollen. Wir hätten ein Problem konstruieren können, aber das wäre nicht richtig gewesen." Massa ("Am Anfang bin ich nicht gerade vor Freude in die Luft gesprungen") fügte sich in den Plan und kam trotz seines Handicaps am Ende bis auf Platz vier nach vorne.

Bei aller Professionalität war der Schritt Ferraris aber natürlich auch gnadenlos goistisch. "Das war schon hart", sagte McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh. "Das Schlimme an dieser Geschichte war, dass Unbeteiligte auf die schmutzige Seite gerutscht sind."

"Zeitbombe" Lichtmaschine

Nun denn. Dem Publikum bleibt also in Interlagos die Spannung erhalten. "Ich habe das ganze Jahr gesagt, es wird bis Brasilien offen bleiben. Leider hatte ich recht", seufzte Red Bulls Teamchef Christian Horner. Der erneute Lichtmaschinen-Schaden am Auto von Webber treibt das Team um. "Das macht uns schon Sorgen", bekannte Horner. Vettel brachte das gleiche Problem in dieser Saison schon zweimal um viele Punkte. "Es ist eine tickende Zeitbombe. Du weißt nicht, wann das Ding streikt", meinte Technik-Direktor Newey. 

Einen weiteren Unsicherheitsfaktor könnte im Finish der in Interlagos nicht unwahrscheinliche Regen beisteuern. Ecclestone zumindest ficht das nicht an: "Es wird eine Entscheidung auf der Strecke geben. Egal, ob es regnet oder nicht", meinte der abgeklärte 82-Jährige. "Wichtig ist nur, dass alle dieselben Voraussetzungen haben. Und es regnet nie nur für einen." (sid/APA/red - 19.11. 2012)