Bild nicht mehr verfügbar.

Gesetzlich ist die Regelung klar: Wenn der Arbeitgeber ein ärztliches Attest ab dem ersten Krankenstandstag begehrt, muss dem Folge geleistet werden.

Foto: APA/Schneider

In Deutschland sorgt ein Urteil aus dem Arbeitsrecht für Diskussionen. Arbeitgeber dürfen von ihren Mitarbeitern schon ab dem ersten Tag einer Erkrankung ein ärztliches Attest verlangen. Ohne Angabe von Gründen. Das hat das Bundesarbeitsgericht in Deutschland entschieden. Die Richter bestätigten mit dem Urteil die gängige Rechtssprechung. Beschäftigen mussten sie sich mit der Causa, weil eine Journalistin des Westdeutschen Rundfunks (WDR) geklagt hatte. Sie muss seit dem Jahr 2010 eine Bestätigung des Arztes bereits ab dem ersten Tag eines Krankenstandes vorlegen.

Verdacht auf "Tachinieren"

Der Anlass war laut deutschen Medienberichten ein Krankenstandstag, den die Journalistin konsumierte, nachdem ihr Chef ihren Antrag für eine Dienstreise abgelehnt hatte. Am nächsten Tag war sie wieder im Büro. Seitdem steht die Mitarbeiterin, die seit 32 Jahren für den Sender arbeitet, anscheinend unter Generalverdacht. Eine "Schikane", monierte die Klägerin: "Ich bin ein Mensch, der mit Fieber zur Arbeit kommt." Sie ortet eine Willkür und Diskriminerung seitens der Geschäftsführung, da andere Mitarbeiter von der Regelung nicht betroffen wären. Das Gericht sieht die Lage anders. Es gebe eine gesetzliche Grundlage, dass Arbeitgeber ein ärztliches Attest schon ab dem ersten Fehltag verlangen dürfen. Auch wenn es nicht unbedingt Usus ist, so ist es doch Gesetz.

Deutschen Arbeitsrechtsexperten zufolge wird das Urteil die gängige Praxis in puncto Nachweise von Arbeitsunfähigkeit aber nicht aus den Angeln heben. Unternehmen würden sich mit Misstrauen gegenüber den Mitarbeitern nicht beliebt machen. Und nichts anderes sind solche Praktiken.

Krankenstände könnten steigen

Erstens würde der administrative Aufwand den Nutzen deutlich übersteigen, heißt es und zweitens könnte das für die Dauer von Krankenständen sogar kontraproduktiv sein. Ärzte schreiben ihre Patienten tendenziell länger krank, da sich der Verlauf von Erkrankungen am ersten Tag oft schwer abschätzen lässt. Eine Migräne kann beispielsweise bereits am nächsten Tag überstanden sein. Hat man aber eine Krankschreibung für drei Tage in der Tasche, werde man eher die volle Zeit zu Hause bleiben, meint etwa eine deutsche Fachanwältin für Arbeitsrecht im Interview mit der "Wirtschaftswoche".

Auch in Österreich ab dem ersten Tag

Im Gegensatz zur Krankmeldung, die bereits am ersten Tag Pflicht ist, muss eine ärztliche Bestätigung in den meisten Unternehmen erst nach dreitägiger Dauer eines Krankenstandes vorgelegt werden. In Deutschland genauso wie in Österreich. Auch hier hat der Arbeitgeber das gleiche Recht bei Dienstausfällen, wie die Arbeiterkammer gegenüber derStandard.at erklärt: "Für dieses Verlangen des Arbeitgebers gibt es keine zeitliche Untergrenze, d.h. die Vorlage einer Krankenstandsbestätigung kann nach der geltenden gesetzlichen Lage in Österreich jedenfalls auch schon am ersten Krankenstandstag vom Arbeitgeber eingefordert werden." Das betrifft Arbeiter und Angestellte gleichermaßen. (om, derStandard.at, 20.11.2012)