Marialy Rivas prämiertes Spielfilmdebüt "Joven y alocada" ("Young & Wild") feiert am Freitag beim Welser YOUKI-Festival seine Österreich-Premiere.

Foto: elledriver/Marialy Rivas

Am Dienstag startet das internationale Jugendmedien-Festival YOUKI im neu eröffneten Medien Kultur Haus Wels. Bereits zum 14. Mal bietet das kostenlos zugängliche und österreichweit größte Festival seiner Art ein vielfältiges Programm an der Schnittstelle von Medien, Kunst, Film und Musik. Traditionelles Herzstück von YOUKI ist der internationale Filmwettbewerb, der heuer nicht weniger als achtzig Arbeiten junger RegisseurInnen zwischen zehn und 26 Jahren präsentiert.

Spielarten jugendlicher Liebe

Unter dem diesjährigen Themenschwerpunkt "Teenager in Love" nimmt das Festivalteam das Phänomen "Erste Liebe" unter die Lupe - etwa entlang einer Filmschiene, die von Maria Poell und FM4-Redakteurin Petra Erdmann kuratiert wird. Ergänzend zum Leinwandprogramm werden die "Spielarten jugendlicher Liebe", wie der Untertitel zum Festival-Schwerpunkt verrät, auch auf diskursiver Ebene untersucht werden.

So analysiert unter anderem Sonja Eismann, Mitbegründerin des "Missy Magazine", das Thema aus einer popfeministischen Perspektive : In einer Lecture analysiert die in Berlin lebende Kulturwissenschaftlerin das widersprüchliche Verhältnis zwischen der Inzenierung liberaler Liebes- und Beziehungskonzepte im popkulturellen Feld und jüngeren gesellschaflichen Entwicklungen, die traditionelle Geschlechterrollen wieder aufleben lässt und einmal mehr Sexualität mit Liebe und Treue verknüpfen.

"Pussy in Flames"

Von den gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen Liebe denk- und lebbar wird, handelt auch der preisgekrönte Kinofilm "Joven y alocada" ("Young & Wild") der chilenischen Regisseurin Marialy Rivas, der bei YOUKI seine Österreich-Premiere feiert. Rivas' Spielfilmdebüt - bei den diesjährigen Filmfestspielen in Sundance und San Sebastián ausgezeichnet - handelt vom Doppelleben der 17-jährigen Daniela.

In einer wohlhabenden und streng gläubigen evangelikalen Familie aufwachsend, kann das Teen-Girl, das sich hinter seiner wortkargen Fassade verschanzt, seine Sexualität nur im Geheimen ausleben. Auf ihrem Internet-Blog teilt Daniela ihre sexuellen Fantasien und Abenteuer mit anderen Jugendlichen und betet: "Herr, mach, dass Mutter niemals auf youngandwild.blogspot.com stößt!" Umgeben von Vorschriften und Verboten, beginnt Daniela eine Beziehung mit Tomas - offiziell gibt es natürlich keinen Sex vor der Ehe -, während sie gleichzeitig mit Antonia eine heftige Liebesaffäre hat. Doch der familiäre Druck stürzt die junge Frau zunehmend in die Krise.

Coming-of-Age-Kino aus Chile

In skizzenhaften Episoden empfindet Regisseurin Marialy Rivas die jugendliche Identitäts- und Sinnsuche nach: das Ausloten von Grenzen, das - weibliche - Übertreten gesellschaflicher Konventionen, der Drang nach individueller Freiheit. "Joven y alocada", der wegen seiner expliziten Sex-Szenen heftig diskutiert wurde und nervöse Eltern im Kinossal hinterließ, steht den üblichen verklärten Bildern von Teenager-Liebe entgegen - und hinterlässt nicht nur bei jugendlichen SeherInnen Eindruck. Schon deswegen lohnt es sich, in den nächsten Tagen einen Blick nach Wels zu werfen. (viyu, dieStandard.at, 19.11.2012)