Sprache schafft Bewusstsein. Sprache beeinflusst Bewusstsein. Die weibliche Form einzubauen, zu gendern, ist keine neumoderne "Hippie-Sozi-Hipster-Erscheinung", es ist eine Notwendigkeit! Ich verstehe manche Ignoranz, die ich heutzutage hören und lesen muss nicht. Ich verstehe es nicht, da ich mich als Frau, als Studentin, nicht angesprochen fühle, wenn ich beispielsweise einen Brief erhalte mit "Liebe Studenten". Ich fühle mich nicht angesprochen, weil ich eine Frau bin. Meine Unabhängigkeit vom männlichen Geschlecht basiert auch auf der sprachlichen Unabhängigkeit. Ich fordere, erwähnt zu werden, wenn man mich erwähnt. Und sei es bloß durch ein -In im Anhang.

Verharmlosung trifft Ignoranz

Die Sprache ist unser Mittel, miteinander zu kommunizieren. Sie ermöglicht es, dass wir uns austauschen, dass wir Gedanken teilen, und uns auch voneinander abgrenzen. Für mich hat das Gendern eine besondere Rolle, vor allem heute. In einer Zeit, in der es tatsächlich noch Menschen zu geben scheint, die meinen, Frauen hätten "eh schon alle Rechte", was mehr als unwahr ist, finde ich es wichtig, besonders in der Kommunikation auf beide Geschlechter, im Idealfall sogar durch den Gender-Gap auf alles zwischen den beiden Geschlechtern, hinzuweisen. Es kann nicht sein, dass etwas in meinen Augen so Selbstverständliches und Wichtiges so sehr verharmlost wird.

Es ist eine Tatsache, dass die Sprache das Denken und auch das Assoziieren von Rollenbildern prägt. Wenn einem Kind von klein auf eingeredet wird, es gibt einen Herrn Doktor, aber nur eine Krankenschwester, dann wird sich das Kind dies auch merken. Oft habe ich gehört und gesehen, wie junge Erwachse alleine basierend auf den Berufsbezeichnungen ein Stereotyp aufbauen, welches die patriachale Gesellschaft widerspiegelt, in der wir leben. Wir kommen nicht mit diesen Stereotypen, Vorurteilen und vorgegebenen Denkmustern zur Welt. Und in meinen Augen ist es pure Ignoranz dies zu leugnen. Die heutige Gesellschaft sorgt dafür, dass diese in unseren Kopf gelangen. Mir geht es darum, hervorzuheben, dass das weibliche Geschlecht in der Sprache nicht untergehen darf! Es hat nichts mit Aufsässigkeit meinerseits zu tun, sondern mit dem Recht auf Erwähnung - mit dem Recht darauf, auch sprachlich wahrgenommen zu werden.

Frauen sind nicht anders als Männer

Das klischeehafte Denken, das suggeriert, Frauen seien sensibler, kommunikativer, eher mit Soft-Skills ausgestattet, finde ich empörend. Und ich hoffe sehr, dass sich auch andere Leser_innen empören! Ein Geschlecht als schwächer, als wehrloser und als weniger selbstbewusst darzustellen, und damit die konstruierten Rollenbilder der Gesellschaft weiterhin zu fördern, ist chauvinistisch.

Auch Aussagen, dass es einem Mann unzumutbar wäre, ihn durch Binnen-I und/oder Gender-Gap (akustisch) mit der weiblichen Form anzusprechen, finde ich wirklich unsensibel - vor allem, wenn sie von Frauen kommen. Die Tatsache, dass aber das eigene Geschlecht mit der männlichen Form der Wörter untergeht, wird dabei völlig ignoriert.

Ich bin eine Frau, die selbstbewusst genug ist, zu verlangen, erwähnt zu werden. Eine Frau, die keine Angst hat, laut auszusprechen, was sie stört. Und eine Frau, die weiterhin für die Rechte aller Frauen kämpft.

Das Recht auf gendergerechte Formulierung von Wörtern, sollte eine Selbstverständlichkeit darstellen, und keine Diskussionen auslösen. Wer weiß, dass Sprache die Art unseres Denkens beeinflusst, und sich trotzdem weigert, zu gendern, ist in meinen Augen ignorant.

Wenn ich beispielsweise in wissenschaftlichen Arbeiten den Hinweis lese, dass nicht gegendert wurde, weil mit der männlichen Form beide Geschlechter angesprochen würden, fühle ich mich auf ein Neues mit Ignoranz konfrontiert. Um Simone de Beauvoir zu zitieren: "Man wird nicht als Frau geboren, man wird es", - auch durch Sprache. (Leserinnenkommentar, Erza Aruqaj, 19.11.2012, derStandard.at)