Wenn 65 Prozent an den Fortbestand der Wehrpflicht glauben, dann wird auch eine Mehrheit bei der Volksbefragung für die Wehrpflicht stimmen, denn es ist eine alte Faustregel, dass die Menschen sich meist auf die Seite der (vermuteten) Mehrheit schlagen. Bleibt noch abzuwarten, wie viele dann auch tatsächlich hingehen. Wenn die Beteiligung mau ist, hat die ganze Befragung ohnehin nur äußerst begrenzten Wert - selbst wenn SPÖ und ÖVP ausgemacht haben, das Votum auf jeden Fall anzuerkennen.

Das kommt heraus, wenn der Wiener Bürgermeister Häupl, ein Politiker mit vermutetem Gespür für die Volksmeinung, sich im Wahlkampf der Krone bedient (oder die Krone sich seiner) und die Abschaffung der Wehrpflicht als vermeintlichen Wahlschlager propagiert; und wenn Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann da freudig mitmacht. Und wenn ÖVP-Obmann Michael Spindelegger, getrieben vom niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll, der, vermutlich zu Recht, an ein Votum für die Wehrpflicht glaubt, jedenfalls in Niederösterreich, nicht der Volksbefragung zugestimmt hätte.

Geht die Volksbefragung für die Wehrpflicht aus, müssten ein paar Leute eigentlich zurücktreten: Häupl, Faymann, Spindelegger. Weil sie mit der Heeresfrage herumgespielt haben. Es wird aber vermutlich höchstens das ausführende Organ, Verteidigungsminister Darabos, sein.
(Hans Rauscher, DER STANDARD, 17./18.11.2012)