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Wiesberger hat Respekt vor Woods und Els. "Aber nicht mehr die große Ehrfurcht."

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28. Juli 2012: Wiesberger bejubelt in Atzenbrugg seinen zweiten Tour-Sieg.

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Standard: Sie haben kürzlich die Eine-Million-Euro-Hürde genommen, liegen vor dem Tour-Finale in Dubai auf Rang 18 der Verdienstrangliste. Wie wichtig ist dieser finanzielle Belang für Sie?

Wiesberger: Ich strebe nicht danach, nur finanziellen Nutzen aus den Dingen zu ziehen, die ich mache. Die Erfolgsmomente stehen immer über dem Preisgeld. An die zwei Tage, an denen ich heuer meine Turniersiege fixiert habe, werde ich mich ewig erinnern, vor allem an die zwei letzten Putts. Das war jeweils ein längerer Putt, und man hat nicht ganz erwarten können, dass er auch wirklich fällt.

Standard: Den ersten Erfolg auf der Tour feierten Sie in Südkorea, den zweiten beim Heimturnier in Atzenbrugg. Was waren Parallelen, was Unterschiede?

Wiesberger: In Korea hab ich die letzte Runde mit fünf Schlägen Vorsprung begonnen und auch so beendet. Da war vor diesem letzten Putt nicht so viel Druck da. In Atzenbrugg hatte ich zehn Löcher vor Schluss noch fünf Schläge Rückstand, dann hab ich aufgedreht. Und mit dem letzten Putt hab ich den Sack zugemacht. Die Freude war da wie dort enorm. Der erste Sieg ist ganz speziell, der erste Heimsieg auch.

Standard: Kein heimischer Golfer hat je so gut abgeschnitten, kein heimischer Sportler heuer mehr Preisgeld verdient. Was bleibt Ihnen von der Million, wie hoch sind Ihre Ausgaben?

Wiesberger: Ich will jetzt nicht meine Steuererklärung abgeben. Aber man muss das Preisgeld natürlich auch in Relation dazu sehen, was ich investiert und was ich aufgegeben habe. Jeder weiß, dass es für Sportler in Österreich eine besondere Steuerregelung gibt, und natürlich hab ich auch Partner und Sponsoren. Aber eine Saison als Profigolfer kostet auch 200.000 Euro. Ich bin mehr als dreißig Wochen im Jahr im Ausland. Es ist angenehm, wenn man eine schöne Zahl auf dem Kontoauszug sieht, aber das ist nicht meine Hauptmotivation.

Standard: Ihre Eltern betreiben in Oberwart ein Sportgeschäft und im GC Bad Tatzmannsdorf den Pro-Shop. In die Wiege wurde vielleicht nichts gelegt, aber Sie spielen seit Ihrem sechsten Lebensjahr. Wann war klar, dass Sie golfend Geld verdienen können und wollen?

Wiesberger: Golf war sehr lange ein Hobby, aber das Hobby ist immer professioneller geworden. Schon zu einer Zeit, als ich noch in die Schule gegangen bin. Da hab ich als Amateur die ersten großen Turniere gespielt.

Standard: Aber die HAK-Matura haben Sie noch abgelegt - weil es den Eltern wichtig war, oder weil es Ihnen wichtig war?

Wiesberger: Das war uns allen wichtig. Der Beruf Profigolfer fällt einem ja nicht in den Schoß. Dieser Beruf ist nicht selbstverständlich, sondern mit viel Einsatz, mit Talent und auch mit Glück verbunden. Es ist auf jeden Fall gut, ein zweites Standbein zu haben. Auch ein Studium in Amerika war für mich ein Thema, aber dann hat es gleich mit dem Wechsel ins Profilager geklappt.

Standard: Ihre Karriere ist fast wie aus dem Bilderbuch. Nur einen Rückschlag gab's, als Sie in Ihrer ersten Saison auf der European Tour den Klassenerhalt verpassten und wieder in die Challenge-Tour abstiegen.

Wiesberger: Genau diesen Rückschlag würde ich nicht missen wollen. Das war eine wichtige Erfahrung. Und ich hab auf der Challenge-Tour meine ersten Siege geschafft. Dass es im Spitzensport immer bergauf geht, ist sowieso unrealistisch.

Standard: Hatten Sie oder haben Sie Vorbilder?

Wiesberger: Ich hab im Fernsehen oft die besten Spieler beobachtet, besonders gern Tiger Woods und Ernie Els. Es ist immer noch großer Respekt da, aber nicht mehr die große Ehrfurcht. Man kann keinen anderen Spieler kopieren. Ich versuche, mich auf mein Spiel zu konzentrieren.

Standard: Wie würden Sie Ihr Spiel beschreiben? Was sind Ihre Stärken? Gibt es Schwächen?

Wiesberger: Es gibt Stärken, es gibt auch Schwächen. Ich will mich in allen Bereichen verbessern. Aber über die Schwächen möchte ich gar nicht viel reden, sonst verankert sich da etwas im Unterbewusstsein. Jedenfalls wäre ich nicht dort, wo ich bin, wenn ich große Schwächen hätte.

Standard: Wo wollen Sie sportlich hin, was ist Ihre Perspektive?

Wiesberger: Ich will mich in der Weltrangliste immer weiter verbessern, will mich mit den besten Spielern der Welt messen. 2013 möchte ich mehr Turniere in den USA bestreiten, natürlich will ich Major-Turniere spielen. Und ich gebe mir Chancen, auch solche Events zu gewinnen.

Standard: Geben Sie sich Chancen auf eine Ryder-Cup-Teilnahme?

Wiesberger: Das ist natürlich ein Ziel. Ich war schon heuer nicht wahnsinnig weit weg, es wäre nicht utopisch gewesen, dass ich mich qualifiziere. Es bedarf eines sehr, sehr guten Golfjahrs, aber ich hoffe, dazu bin ich bald bereit. Das ist alles keine Utopie mehr.

Standard: Können und wollen Sie quasi für Österreich werden, was Bernhard Langer für Deutschland war?

Wiesberger: Das ist schwer vergleichbar. Als Langer 1985 sein erstes Masters holte, war Golf Randsportart, auch in Deutschland. Da sind wir jetzt auch in Österreich schon viel weiter. Wenn ich insgesamt Ähnliches erreichen kann wie Langer, nehme ich das gern, vor allem die zwei Major-Titel.

Standard: Wie wichtig sind Ihnen Ihre Wurzeln, Ihre Heimat?

Wiesberger: Je mehr man unterwegs ist, umso schöner ist es, nach Hause zu kommen, Zeit mit der Familie zu verbringen, Freunde zu treffen. Das Reisen ist halt Teil des Jobs, man gewöhnt sich daran. Profisportler schlafen selten daheim in ihrem Bett. Dafür hab ich schon viele Länder bereist - auch wenn für Sightseeing wenig Zeit bleibt. Kofferpacken und zu irgendeinem Flughafen hetzen - darin hab ich echt Routine.

Standard: Wann urlauben Sie?

Wiesberger: Urlauben ist relativ. Aber nach dem Finale in Dubai flieg ich mit Freunden nach San Diego, mein Ausrüster Titleist hat in der Nähe sein Headquarter. Das wird 75 Prozent Training, 25 Prozent Urlaub. Da komm ich sicher auch zum Surfen.

Standard: Können Sie surfen?

Wiesberger: Nein. Aber ich kann es lernen. (Fritz Neumann, DER STANDARD, 17./18.11.2012)