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Václav Klaus ist gegen Supranationalismus und geht.

Foto: Reuters/Josek

Der tschechische Staatspräsident ist ein vehementer EU-Kritiker. Diese Position vertritt er auch in seinem neuen Buch. Wer ihn dazu kritisch befragen möchte, muss schnell sein. Manuel Escher hat es versucht.

 

Wien - Es war ein Staatsbesuch, und nebenbei sollte auch ein wenig Buchpromotion Platz haben: Der tschechische Staatspräsident Václav Klaus weilte diese Woche in Österreich, besuchte Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann, die Wirtschaftskammer und auch die Industriellenvereinigung. Daneben stellte er sein jüngstes Werk Europa braucht Freiheit. Plädoyer eines Mitteleuropäers vor, in dem er die aktuelle Form der europäischen Integration in Bausch und Bogen verurteilt und das Friedensprojekt Europa als "kindische Idee" bezeichnet.

Nach längerem Hin und Her gelang es dem Standard, einen Interviewtermin mit Präsident Klaus zu bekommen, um ihn dazu zu befragen. Mit der Freiheit freilich, kritische Fragen zu stellen, kam der unbestritten streitbare Mitteleuropäer nicht ganz so gut zurecht. Klaus brach das Interview ab, noch bevor wir fragen konnten, warum die Tschechen denn nicht aus der EU austreten oder was Škoda machen würde, wenn es den Euro nicht mehr gäbe.

STANDARD: Wieso entwickeln sich in einer Zeit, in der andere Staaten wieder stärker in Richtung der europäischen Integration tendieren, gerade in Tschechien so starke Gegentendenzen?

Klaus: Ich bin der Meinung, dass die Tschechen ganz rational und vernünftig sind. Das ist die eine Seite. Und die andere ist: Wir haben die kommunistische Vergangenheit. Und wir sind in verschiedenen Hinsichten empfindlich, vielleicht überempfindlich, wenn es um die Eliminierung der Freiheit und der Demokratie in Europa geht. Deshalb sind wir kritischer als das zum Beispiel die Leute in Westeuropa und auch in Österreich sind. Und deshalb ist das unsere Position.

STANDARD: Beobachter aus Wirtschaft und Politik haben nach der Krise gesagt, dass es nun das Ziel sein müsse, die Probleme durch mehr europäische Integration zu überwinden. Sie argumentieren in die andere Richtung - warum?

Klaus: Diese Politik des, wie man auf Englisch sagt, "ever closer Europe" - das ist ja gerade das, was uns in diese Krise gebracht hat. Und mehr und noch größere Dosen von dieser selben Medizin, das kann uns nicht helfen. Wir brauchen etwas anderes. Wir müssen dieses ganze Modell, dieses Paradigma der europäischen Integration ändern. Wir können nicht so weitermachen.

STANDARD: Ihr Gegenvorschlag ist eine Rückkehr zu mehr Nationalstaat, zu nationalstaatlichen Modellen, einem Modell, das aus dem 19. Jahrhundert stammt und das zum Teil als veraltet ...

Klaus: Warum 19. Jahrhundert?

STANDARD: Die Entstehung der Nationalstaaten ...

Klaus: Ja, die Entstehung. Aber die Existenz ist 20. Jahrhundert. Nicht 19. Jahrhundert.

STANDARD: Sie sehen den Nationalstaat auch als das Modell für das 21. Jahrhundert?

Klaus: Ich würde das so beantworten: Ich bin gegen Supranationalismus. Ist das klar? Und ich bin für Intergouvernementalismus. Ja? Gut.

Präsident Klaus dreht auf dem Absatz um und verlässt den Interviewer grußlos. (DER STANDARD, 16.11.2012)