Vor fast genau zwölf Jahren traf sich ein verschworener schwarz-blauer Kreis zum Kanzlerfrühstück bei Wolfgang Schüssel. Der damalige FPÖ-Verteidigungsminister Herbert Scheibner soll das Meeting später sehr blass verlassen haben - es hatte ja auch ziemlich dicke Luft geherrscht. Der milliardenschwere Eurofighter-Deal war auf dem Tisch gelegen. Scheibner wie auch der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser waren als strikte Gegner des Deals zum Treffen gestoßen. Nach Kaffee und Semmerln beim Kanzler sah die Sache anders aus, die Runde sprach sich einstimmig für die Eurofighter aus.

Relativ spät kommt jetzt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner drauf, dass bei dieser Eurofighter-Anschaffung nicht alles sauber gelaufen sein könnte. Speziell bei der Typenentscheidung deute einiges darauf hin, zumal "maßgebliche Personen" - eben Scheibner und Grasser - ihre Meinung binnen einer Woche geändert hätten. Mitterlehner war damals Obmann des parlamentarischen Wirtschaftsausschusses, später Chef der Gegengeschäfte-Plattform Arge Offset der Wirtschaftskammern, die die Unternehmer in Sachen Gegengeschäfte beriet. Schwer zu glauben, dass ihm damals nichts aufgefallen ist.

Über Nacht klüger

Aber es soll ihn niemand daran hindern, über Nacht klüger zu werden, auch wenn ein innerparteiliches Kalkül dahinterstehen mag und er sich in der ÖVP in Stellung bringen will. Mitterlehner muss jetzt aber einen Schritt weitergehen und in seinem Ressort, das die Gegengeschäfte administriert, Tabula rasa machen. Denn die Widersprüche sind mittlerweile haarsträubend. Beispiel Magna: Hier stehen akzeptierte 200 Gegengeschäfts-Millionen Aussagen von Frank Stronach gegenüber, der 2007 vor dem Eurofighter-U-Ausschuss ausgesagt hatte, sein Konzern Magna habe " nicht im Leisesten von Eurofighter profitiert".

Noch ist völlig unklar, ob tatsächlich 180 Millionen Euro Eurofighter-Schmiermittel geflossen sind - und wenn ja, auf welche Weise und zu wem. Deutsche Behörden, die in der Causa mitermitteln, gehen davon aus, dass es Monate dauern werde, um das hochkomplexe Schmiergeldkonstrukt zu dechiffrieren. Justizministerin Beatrix Karl ist anzurechnen, dass sie die österreichischen Staatsanwälte endlich von der Leine gelassen hat - wohl wissend, dass die Aufklärung dieses womöglich größten Korruptionsfalles der Republik, der 2013 noch schwer in den Wahlkampf hineinwirken wird, ohnehin nicht mehr aufzuhalten ist.
 (Walter Müller, DER STANDARD, 16.11.2012)