Dieses Bild wurde vom offiziellen IDF-Account getwittert, nachdem der Hamas-Militärchef getötet wurde.

Foto: twitter.com/IDFSpokesperson

Die israelische Armee setzt seit Mittwoch Luftschläge im Gazastreifen fort. Die Angriffe richten sich gegen die radikal-islamischen Hamas. Wie AllThingsD berichtet, hat es Israel allerdings vorgezogen, die Ereignisse nicht bei einer Pressekonferenz zu kommentieren, sondern über Twitter zu verlautbaren.

Trending Topics

Die Israeli Defense Force hat auf ihrem Twitter-Account @IDFSpokesperson am Mittwoch angekündigt, eine Kampagne gegen Terroristen im Gazastreifen zu starten. Hauptziele seien dabei die Hamas und die Jihadisten. Sie warnen davor, dass "Hamas-Funktionäre ihre Gesichter zeigen". Wenige Stunden danach waren die Hashtags #Gaza, #Hamas und #Israel "trending topics" auf Twitter. Ein Indiz dafür, dass es ein Top-Thema auf Twitter war, das heiß diskutiert wurde. Diskutiert wurde nicht nur die politische Bedeutung dieser Militärschläge, sondern auch die Meta-Ebene: Wie geht man damit um, dass ein Krieg in Social Media Kanäle übergreift?

Militäraktionen in Echtzeit

Dass Social Media für politische Zwecke eingesetzt wird, ist nichts Neues. Für Wahlkampagnen und zur Organisation von Oppositionsbewegungen werden soziale Netzwerke seit langem eingesetzt, um die vorgesehenen Zielgruppen besser zu erreichen. Die Schnelligkeit der Verbreitung von Inhalten und die mögliche Reichweite lassen die sozialen Netzwerke als attraktive Mittel auf Politiker und Aktivisten wirken. Mit dem israelischen Militär-Account nimmt der politische Zweck von Social Media allerdings neue Dimensionen an: Die Wiedergabe von Militäraktionen in Echtzeit gab es noch nie zuvor.

Flickr, Facebook, Twitter

Auch über den bei den Militärschlägen umgekommenen Hamas-Militärführer Ahmed Jabari wurde berichtet: Ein Foto von Jabari und ein kurzes "Eliminated" wurden über den Account versendet. Doch Twitter ist nicht der einzige soziale Kanal des israelischen Militärs, wie AllThingsD schreibt. Auch ein eigener Flickr-Account mit Fotos und eine offizielle Facebook-Seite gehören zum Repertoire der IDF. 

Ablehnung

An der "Social Warfare" ("Soziale Kriegsführung") von Israel wird aber heftig Kritik geübt. Der Twitter-Account wird mit negativen Äußerungen überhäuft, viele Twitter-User und Medien sprechen sich gegen die Strategie Israels aus. Zahlreichen Twitter-Nutzern erscheint die Art der Informationspolitik von Israel als "widerlich" und "unzumutbar". Unter anderem hält man es aber auch für möglich, dass falsche Informationen mit Absicht aus strategischen Gründen über den Kanal verstreut werden und Mitglieder sozialer Netzwerke zur Verbreitung der Inhalte ausgenutzt und damit "politisiert" werden. Die "vertwitterten Kriegsabsichten" stoßen bei Kriegs-Gegnern auf massive Ablehnung. Aus Sensationsgier und Neugier folgen aber dennoch knapp 90.000 Menschen dem IDF-Account.

Nutzungsbedingungen

Unschlüssig ist man sich auch, ob die Accounts den Nutzungsbedingungen von Twitter und Facebook entsprechen, denn dort heißt es, dass die Androhung von Gewalt gegen andere untersagt ist und das Posten auf Twitter nicht für illegale Aktivitäten genutzt werden darf. Die Befugnis hier zu intervenieren, hätten die Netzwerke jedenfalls, da die User beim Anlegen eines Accounts den Nutzungsbedingungen zustimmen müssen.

Überforderte Social Networks

Auch das Blockieren des Accounts für einzelne Länder wäre theoretisch möglich. So hat YouTube beispielsweise das umstrittene Mohammed-Video für zahlreiche Länder gesperrt. Auch Twitter hat den Account eines vermeintlichen Neo-Nazis für deutsche User blockiert. Die aktuellen Aktivitäten Israels wollte Twitter gegenüber AllThingsD nicht kommentieren. Auch YouTube, das in letzter Zeit immer wieder zu Zensur aufgerufen wurde, hat sich nicht zur Veröffentlichung des Videos zum Mord an Hamas-Militärchef Jabari geäußert. Facebook wolle hingegen vorerst nicht intervenieren. AllThingsD vermutet, dass die Netzwerke überfordert sind mit dem Ausmaß der "Kriegsberichterstattung" und dem damit verbundenen Vorwurf, mit zweierlei Maß zu messen. Die Riesen der Social-Media-Branche werden sich aber ein Szenario überlegen müssen, um klar zu definieren, inwieweit Kriegsführung auf ihren Kanälen "beworben" werden darf. (iw, derStandard.at, 15.11.2012)