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Weckt Begehrlichkeiten und soll nun entmystifiziert werden: Der Penacho aus Mexiko.

Foto: APA/Techt

Wien - Nach mehr als zweijähriger systematischer Untersuchung, Konservierung und Restaurierung ist der als "Penacho" oder auch "Federkrone des Montezuma" bekannte altmexikanische Federkopfschmuck ab Donnerstag im Museum für Völkerkunde zu bestaunen. KHM-Direktorin Sabine Haag sprach bei der Pressekonferenz zur Schau "Penacho: Pracht & Passion" von einem "Tag der Freude" und dem "Wunder, dass es das Objekt heute überhaupt noch gibt". Der "sicher zu den bekanntesten Objekten des Hauses" zählende Kopfschmuck wurde in einer "innovativen und richtungsweisenden" binationalen Kooperation mit Mexiko "entmystifiziert, entmythologisiert und seiner historischen Bedeutung zurückgegeben".

Zusammenarbeit mit Mexiko

Das (laut Haag hauptsächlich medial ausgetragene) Tauziehen um das Weltkulturerbe scheint inzwischen kein Thema mehr zu sein. So lobte Alfonso de Maria y Campos, Generaldirektor des Instituto Nacional de Antropologia e Historia (INAH) von Mexiko die intensive Zusammenarbeit mit dem Völkerkundemuseum, die schließlich "die erste wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Penacho seit dem Jahr 1912 ermöglicht hat". Freilich betonte er auch die "kulturelle und emotionale Wichtigkeit" des Federkopfschmucks für Mexiko, der "große Geist der Kollaboration" (mit dem KHM) stehe jedoch dafür, dieses wertvolle Objekt nun in einem neuen Kontext zu präsentieren. Die wissenschaftliche Prüfung einer Überführung des Penacho auf dem Land- und Seeweg (Experten der TU Wien bescheinigten dem Objekt Transportunfähigkeit auf dem Luftweg) sei zwar noch nicht abgeschlossen, auf Nachfrage ließ Haag jedoch offen, ob es auch zu einer Leihgabe kommen könnte.

Fest steht, dass jenes neue Kulturabkommen zwischen Österreich und Mexiko, das als Kernpunkt den Abschluss von gegenseitigen, auf völkerrechtlicher Ebene international einklagbaren Leihverträgen vorsieht, bereits von mexikanischer Seite abgesegnet ist und im Jänner im österreichischen Parlament beschlossen werden soll. Alfonso de Maria y Campos würdigte die lange Geschichte der österreichisch-mexikanischen Freundschaft (die sich unter anderem im Protest Mexikos gegen den "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland 1938 manifestiert habe) und bezeichnete die nunmehrige Zusammenarbeit österreichischer und mexikanischer Wissenschafter als "neues Kapitel in der gemeinsamen Geschichte".

Langer Weg zur Ausstellung

Ex-Museumsdirektor Christian Feest lenkte die Aufmerksamkeit auf jenes Buch, welches im Rahmen der Forschungsarbeiten zu der Federkrone entstanden ist und umriss die Anbahnung der bilateralen Zusammenarbeit: "Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder wir schlagen uns die Köpfe ein oder wir setzen uns gemeinsam an einen Tisch", sagte er über sein erstes Zusammentreffen mit de Maria y Campos im Jahr 2009. "Und da Herr de Maria y Campos ein Diplomat ist, hat er sich für zweitere Variante entschieden", so Feest. Sicherlich habe es im Laufe der Jahre Meinungsverschiedenheiten gegeben, im Vordergrund sei jedoch stets der Wunsch gestanden, alle Beschlüsse bezüglich der Restaurierung einstimmig zu fällen. Feest verwies weiters darauf, dass es "bisher keine offizielle Rückgabeforderung" der Federkrone gegeben habe.

Die Ausstellung "Penacho: Pracht & Passion" sah der seit dem Frühjahr amtierende Direktor Steven Engelsman als "erstes Anklingen des neuen Konzepts" für das Völkerkundemuseum, das auch das Anliegen verfolge, das Interesse der Herkunftsländer an den in Wien befindlichen Objekten stärker herauszuarbeiten. Auch der Federschmuck wird im Rahmen der Ausstellung umfassend kontextuell eingebettet. So sind in der Schau auch andere Federarbeiten aus dem 16. Jahrhundert zu sehen. Der Penacho selbst prangt in einer großen Glasvitrine in einem eigenen Raum. Das mexikanische Volk, das die Federkrone fest in seine nationale Identität integriert hat, wird wohl weiterhin mit der Mitte des 20. Jahrhunderts angefertigten Kopie vorlieb nehmen müssen - zumindest noch eine Weile.

Historischer Hintergrund

Der Kopfschmuck soll dem 1520 getöteten letzten Azteken-Herrscher Montezuma gehört haben, wurde immer wieder argumentiert. Er habe für mexikanische Ureinwohner eine große historische und spirituelle Bedeutung und solle daher an Mexiko zurückgegeben werden. Bundespräsident Thomas Klestil hatte sich Mitte der 1990er-Jahre für eine Prüfung der Rückgabe ausgesprochen, ansonsten hatte sich die österreichische Politik stets auf Experten berufen, die den direkten Zusammenhang mit Montezuma bestritten und den rechtmäßigen Erwerb des wertvollen Stückes betonten.

Der mit den grünen Federn des Quetzal-Vogels und Goldplättchen geschmückte "Penacho" sei keine Herrscherkrone von Montezuma (richtiger: Motecuhzoma II. Xocoyotzin) gewesen, sondern von aztekischen Priestern bei Ritualen getragen worden, hieß es seitens der Experten. Der letzte Azteken-Kaiser (1466-1520), der vor seiner Wahl zum Aztekenherrscher 1502 Hohepriester des Kriegsgottes Huitzilopochtli war, wurde im November 1519 in seiner Hauptstadt Tenochtitlan von dem spanischen Eroberer Hernando Cortez (1485-1547) gefangen genommen. Die Behauptung, dass es sich bei dem Kopfschmuck um ein Geschenk Montezumas an Cortez handelt, wird von Fachleuten bestritten. Montezuma war Ende Juni 1520 unter nie geklärten Umständen ums Leben gekommen.

Wie die Federkrone nach Europa gelangte, ist ungeklärt. Ein gutes Dutzend dieser Stücke soll im 16. Jahrhundert auf verschiedenen Wegen verschifft worden sein. Der Wiener Federkopfschmuck wurde erstmals 1596 im Nachlassinventar zu den Rüstkammern und der Kunstkammer des Tiroler Landesfürsten Erzherzog Ferdinand II. als "ain mörischer Huet" erwähnt. Während der Napoleonischen Kriege wurden Teile dieser Sammlungen nach Wien transferiert und im Unteren Belvedere untergebracht. Dort entdeckte Ferdinand von Hochstetter 1878 den Federkopfschmuck und erkannte dessen Bedeutung. Er ließ ihn restaurieren, um es im k.k. Naturhistorischen Hofmuseum der Öffentlichkeit zu präsentieren, 1928 gelangte das Objekt in das neu eröffnete Museum für Völkerkunde. (APA/red, derStandard.at, 14. 11. 2012)