Dass sich Menschen Haustiere halten und eine enge Bindung mit ihnen eingehen, ist nicht ungewöhnlich. Dass sich Tiere verschiedener Arten allerdings aufeinandereinlassen und sich nicht aus dem Weg gehen, bleibt für Menschen außergewöhnlich.

"National Geographic"-Autorin Jennifer S. Holland hat sich diesem Thema angenommen und 47 solcher Paarungen in ihrem Buch "Ungleiche Freunde. Wundersame Geschichten aus dem Tierreich" porträtiert. Dabei hält Holland in der Einleitung fest, dass solche Freundschaften nicht nur in Gefangenschaft, sondern auch in freier Wildbahn entstehen können. Obwohl sich Tiere in der relativ entspannten Atmosphäre von Reservaten, Zoos oder Haushalten eher aufeinander einlassen.

Weil sie von ihren Eltern vernachlässigt wurden, zogen die Tierpfleger eines indonesischen Zoos zwei Orang-Utans und zwei Tigerbabys gemeinsam auf. Das gemischte Doppel spielte nicht nur am Tag miteinander, sondern kuschelte auch am Abend eng umschlungen.

Doch die Zeit des Abschieds musste kommen, da die beiden Tierarten zu unterschiedlich waren. Als die Babys voneinander getrennt wurden, setzte bei ihnen eine kurze Zeit der Trauer ein. Doch schon bald gewöhnten sich die vier Kleinen an die neue Situation. Nun haben die ehemaligen Spielkameraden keinen Kontakt mehr zueinander.

Foto: Associated Press

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Weil das kleine Grauhörnchen Finnegan aus sein Nest gefallen war, nahm eine Frau das Findelkind zu sich nach Hause. Dort zog sie den kleinen Nager mit der Flasche auf und wärmte ihn. Doch schon bald übernahm Hundemutter Giselle diese Aufgabe. Und weil die Liebe zwischen den beiden so groß war, kehrte Finnegan auch nach seiner Auswilderung immer wieder zu seiner Hundefamilie zurück. Irgendwann wurde das Grauhörnchen allerdings selbstständig und entschied sich für ein Leben in der Natur.

Foto: AP Photo/The Seattle Times, Dean Rutz

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In Kenia fand sich ein besonderes Paar im Sambusu-Nationalreservat: eine Löwin und ein Oryxantilopenbaby. Obwohl die beiden Tiere eigentlich natürliche Feinde sind, entwickelte sich eine tiefe Beziehung zwischen ihnen, die beiden fast das Leben gekostet hätte.

Weil Antilopenkinder die fetthaltige Milch ihrer Mutter benötigen, konnte die Löwin ihr Adoptivkind nicht ausreichend füttern. Außerdem hatte sie selbst Angst, das Baby zurückzulassen und auf die Jagd zu gehen. So magerten beide gefährlich ab. Das Problem "löste" schließlich ein männlicher Löwe, der die kleine Antilope eines Nachts tötete.

Foto: REUTERS/Str

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Eine sehr einseitige Freundschaft ist zwischen den Wasserschweinen und Totenkopfäffchen in einem japanischen Zoo entstanden. Die kleinen Affen nutzen die großen Nager als Taxi, Sofa und Turngerät. Wird es den Wasserschweinen zu bunt, schütteln sie die Äffchen wieder von sich runter. Manchmal jedoch scheint es, als ob die Nagetiere den Primaten ein Bussi auf den Kopf geben. Also vielleicht ist die Freundschaft doch gar nicht so einseitig.

Foto: AP Photo/Tobu Zoo, HO

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Eigentlich hätte der kleine Hamster im Reptilienhaus in Tokio das Futter für eine Kletternatter werden sollen. Deshalb wurde der Nager auch "Gohan" (Mahlzeit) getauft. Doch die Schlange ließ ihn nicht nur am Leben, sondern teilte sich schließlich auch das Terrarium mit ihm.

Foto: AP Photo/Mutsugoro Okoku Zoo, Kyota Nomura

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Weil sie von ihrer Mutter nicht angenommen wurden, suchte ein chinesischer Zoo via Medien nach einer Ersatzmama für zwei Rote Pandababys. Ein Bauer aus der Umgebung meldete sich und bot seine Mischlingshündin als Adoptivmutter an. Sie hatte eben erst selbst Welpen zur Welt gebracht und nahm sich der beiden Pandas rührend an.

Auch als ihre Dienste nicht mehr benötigt wurden, streifte die Hundedame um das Pandahaus und wollte zu ihren "Kindern". So ließen die Tierpfleger die Hundefamilie eine Zeit lang im Zoo wohnen, wo die Hundebabys mit den kleinen Pandas spielen konnten.

Foto: AP Photo

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Die kleine Nashorndame Clover wurde von Rangern eines südafrikanischen Reservats gefunden, als sie beim Leichnam ihrer toten Mutter kauerte. Sie brachten sie zu einer Aufzuchtstation, wo sie per Hand aufgezogen wurde. Doch schon bald zeigte sich, dass Clover zu anhänglich wurde, weswegen die kleine Dame wieder von den Menschen entwöhnt werden musste.

Das machte sie so traurig, dass ein Gefährte gesucht wurde. Ziegenbock "Goat" war allerdings gar nicht erfreut über das anhängliche Nashorn und machte schnell klar, wer der Chef in der Beziehung ist. Clover ließ ihn gewähren und die beiden wurden Freunde - inklusive Spiel und Spaß am Tag sowie Kuscheln während der Nacht.

Foto: REUTERS/Ed Stoddard

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Gorilladame Koko ist berühmt, weil sie sich mit ihrer Trainerin Francine Patterson mittels Gebärdensprache verständigen kann. Patterson liest ihrem Schützling immer wieder Kindergeschichten und Märchen vor, vor allem Kokos Lieblingsgeschichten "Die drei kleinen Katzen" und "Der gestiefelte Kater".

Deshalb wunderte es die Trainerin auch nicht, als sich die Gorilladame zum Geburtstag ein Kätzchen wünschte - mit eindeutigem Hinweis: Koko strich sich mit zwei Fingern über ihre Wange und signalisierte damit Schnurrhaare. Als sie tatsächlich ein kleines Kätzchen bekam, taufte sie es "All Ball" und kuschelte ganz behutsam mit dem viel kleineren Tier.

Foto: AP Photo/Ronald Cohn, National Geographic Society/File

Als der junge Elefant Themba in einem südafrikanischen Naturreservat seine Mutter verlor, wollte ihn keine der anderen Herdenkühe adoptieren. Deshalb holten die Tierpfleger Schafbock Albert von einem benachbarten Bauern und stellte ihn Themba vor. Denn Schafe können Emotionen anderer Tiere über deren Mimik ablesen und darauf reagieren.

Nach nur drei Tagen fraßen die beiden Tiere von dem gleichen Busch und ließen sich ab dem Zeitpunkt nicht mehr voneinander. Als Themba im Alter von nur zweieinhalb Jahren starb, suchte sich Albert neue Freunde: Zebrafohlen und Gnus.

Foto: Rex USA

Auf der indonesischen Insel Bali sind ein Makake und ein Kätzchen unzertrennlich geworden. Das junge Affenmännchen kümmert sich um seinen kleinen Gefährten fast so, als wäre er ein kleiner Schatz. Er putzt ihn, kuschelt mit ihm und lässt ihn nicht aus den Augen.

Kommt ein anderer Affe oder ein Mensch dem Kätzchen zu Nahe, versucht er es vor den neugierigen Blicken zu verstecken. Dabei hält er den kleinen Vierbeiner allerdings nicht gewaltsam fest. Das Kätzchen könnte jederzeit von ihm weggehen, tut dies allerdings nicht.

Foto: Anne Young

Das Buch ist ab 16.11.2012 erstmals auch auf Deutsch erhältlich. (bbl, derStandard.at, 14.11.2012)

Details

Jennifer S. Holland: "Ungleiche Freunde. Wundersame Geschichten aus dem Tierreich"

Bastei Lübbe, 288 Seiten, Preis: 15 Euro

Cover: Bastei Luebbe