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Grafik: APA

Brüssel - Bei großen börsennotierten Unternehmen in Europa sind die Leitungsorgane (Vorstand und Aufsichtsräte) derzeit absolut männerdominiert: Nur jeder Siebente (13,7 Prozent) ist weiblich.

Bei operativ tätigen Vorständen ist es noch auffälliger: Neun von zehn Vorständen (91,1 Prozent) sind männlich. Weibliche Vorstandsvorsitzende (CEOs) sind mit 2,7 Prozent im EU-Durchschnitt ganz dünn gesät. Einige Länder wie Schweden oder Finnland (Frauenanteil über 25 Prozent) seien zwar die Ausnahme. Aber generell könne man sagen, dass der Aufholprozess von Frauen, die 65 Prozent der Hochschulabgänger ausmachen, an der Spitze der Wirtschaft "viel zu langsam vor sich geht". Das brachte EU-Justizkommissarin Viviane Reding am Mittwoch in Brüssel als Hauptargument vor, warum die Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Einführung von Frauenquoten in großen Firmen (mehr als 250 Beschäftigte bzw. 50 Millionen Euro Umsatz) beschlossen hat.

Strafzahlungen oder Suspendierung

Bis 2020 sollen 40 Prozent der nichtoperativen Aufsichtsräte mit Frauen besetzt werden. Unternehmen, die mehrheitlich in Staatsbesitz stehen, sollen das bis 2018 umsetzen. Bei Exekutivorganen soll es eine freiwillige "Flexiquote" geben. Das sei für die EU-Mitgliedstaaten verpflichtend, sagte Reding.

Ab 2016 müssen die Regeln in nationales Recht umgesetzt werden, Sanktionen sind vorgesehen. Ob und wie diese Sanktionen vollstreckt werden, wird den EU-Staaten obliegen. Die Kommission führt in ihrem Vorschlag Beispiele an. So könnte es für Quotensünder Strafzahlungen geben; oder die Suspendierung der Besetzung von Aufsichtsräten, wenn die Besetzung mit einer weiblichen Kandidatin unterbleibt, wenn diese gleiche Qualifikation aufweist.

Umsetzung könnte Stolperstein werden

Wie dies legistisch umzusetzen ist, könnte sich noch als Stolperstein der geplanten Richtlinie herausstellen. Es gibt Experten, die Zweifel haben, ob man die Staaten zwingen kann, wirksame Sanktionen in Gang zu setzen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat erklärt, dass sie von verpflichtenden Quoten nichts halte.

Laut Reding werde sich die EU-Kommission in Zukunft mit Klagen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) wenden, der dann zu entscheiden habe. Beispiele in Frankreich und Italien zeigen, dass der Frauenanteil in Führungspositionen durch Vorschriften deutlich anstieg. Österreich liegt im Mittelfeld. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 15.11.2012)