Der Ministerrat hat heute die Neufassung des Tierversuchsgesetzes beschlossen. Denn eine EU-Richtlinie sieht eine europaweite Harmonisierung der Tierversuchsgesetze vor. Dem Beschluss seien zahlreiche Gespräche mit Vertretern aus Forschung, Wirtschaft und Tierschutz vorausgegangen, teilt Karlheinz Töchterle in einer Aussendung mit. 

"Unser Ziel bei der Umsetzung der Neufassung war es, den geringen Umsetzungsspielraum zu nutzen, um die Balance zwischen den berechtigten Anliegen des Tierschutzes und den notwendigen Rahmenbedingungen für die Forschung zu wahren", sagt der Wissenschafts- und Forschungsminister. 

Schaden-Nutzen-Analyse

Österreich habe im europäischen Vergleich eines der strengsten Tierversuchsgesetze. Dessen hohe Standards würden beibehalten, versichert Töchterle. Weiters wird ein objektiver Kriterienkatalog zur Schaden-Nutzen-Analyse entwickelt und zur Anwendung kommen. Dieser Kriterienkatalog wird vom Messerli Forschungsinstitut an der Veterinärmedizinischen Universität Wien entwickelt und vom Ministerium finanziert.

Neue Richtlinie muss ab 2013 angewendet werden

Die Neufassung des Tierversuchsgesetzes wird Ende des Monats im parlamentarischen Wissenschaftsausschuss diskutiert. Die Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere muss ab Anfang 2013 angewendet werden.

Sechs Wochen Begutachtung

Im Juni 2012 wurde ein vom Wissenschafts- und Forschungsministerium mit den drei anderen verantwortlichen Ressorts Gesundheits-, Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerium abgestimmter Entwurf sechs Wochen lang begutachtet. Dabei gingen 80 Stellungnahmen ein, die - wo entsprechend der Richtlinie möglich und sinnvoll - in den Gesetzesentwurf eingearbeitet wurden. 

Weiterhin keine Versuche mit Menschenaffen

Ein spezieller Fokus wurde auf den Schutz des geistigen Eigentums, insbesondere durch Verschwiegenheitspflichten, gelegt. Jene Punkte, in denen Österreich bisher strenger ist als die EU-Richtlinie, werden beibehalten. Das betrifft insbesondere das Verbot von Versuchen mit Menschenaffen und die jährliche unangemeldete Kontrolle von Tierversuchseinrichtungen. 

Die Verschärfungen im Überblick

Durch die Umsetzung der EU-Richtlinie wird die österreichische Gesetzeslage in einigen Punkten strenger geregelt als dies bisher der Fall war: Es erfolgt zum Beispiel eine Ausweitung des Geltungsbereichs auf spezifische wirbellose Arten. Derzeit sind nur Wirbeltiere erfasst.

Schweregrade

Tierversuche werden außerdem künftig nach ihrer Belastung für das Tier in vier Schweregrade eingeteilt. Geplante Versuche müssen vor einer Genehmigung einer vorhergehenden Bewertung unterzogen und eingestuft werden. Die Schweregrade werden in der Tierversuchsstatistik erfasst. 

Tierschutzgremium

In Einrichtungen, in denen Tierversuche durchgeführt oder Versuchstiere gezüchtet werden, muss ein Tierschutzgremium eingerichtet werden, welches das Personal vor Ort im Sinne der "3R" (replace, reduce, refine) berät, bzw. begleitend die Projektabwicklung berät und überprüft. 

Schwere, lang andauernde Schmerzen erlaubt

Ein großer Kritikpunkt von Seiten der Tierschützer: Tierversuche, die lang andauernde Schmerzen verursachen, werden im Einzelfall nach einer Prüfung auf nationaler und europäischer Ebene gewährt. Im Sinne der Transparenz müssen Anträge für Tierversuche nicht-technische Projektzusammenfassungen enthalten, die unter Wahrung der Anonymität öffentlich zugänglich gemacht werden. (red, derStandard.at, 13.11.2012)

Nachlese der Diskussion mit Töchterle über Tierversuchsgesetz: Neues Gesetz erlaubt schweres Leid bei Tierversuchen