Die deutschen Grünen haben einen alten K-Gruppler und eine junge Bürgerlich-Liberale mit christlicher Grundierung zum neuen Führungsduo gemacht. Jürgen Trittin war als Student Mitglied beim Kommunistischen Bund und läuft heute unter gemäßigte Linke. Katrin Göring-Eckardt hingegen gehört eher zu dem Flügel, der seit kurzem in Baden-Württemberg den Ministerpräsidenten und in Stuttgart den Bürgermeister stellt: bürgerlich-grün.

Die beiden wurden übrigens in einer Urwahl von der Basis ausgewählt. Soll heißen: Ein beträchtlicher Teil der grünen Basis in Deutschland will es nicht monothematisch links, sondern auch bürgerlich-liberal. Was ja auch der soziologischen Basis entspricht: jüngere, urbane, besserverdienende, auf Ökologie und Solidarität ausgerichtete Schichten, die es aber auch im Leben zu etwas gebracht haben und/oder bringen wollen.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel fand es daher schon angebracht, die Grünen vor einer Koalition mit der CDU und Frau Merkel zu warnen. Schließlich seien sie praktisch schon der SPD versprochen. Diese Sorgen muss die SPÖ nicht haben. Die österreichischen Grünen haben sich im Bund und in Wien unverbrüchlich an die Sozialdemokratie gekettet und bemühen sich nach Kräften, den bürgerlich-liberalen Teil ihrer (potenziellen) Wählerschaft zu ignorieren oder - mit Vorschlägen aus den Zeiten des "real existierenden Sozialismus" (Erich Honecker) zu vergrämen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 13.11.2012)