"LittleBigPlanet: Karting" ist für PlayStation 3 erschienen.

Foto: Sony
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Mit "LittleBigPlanet" (LBP) hat das Studio Media Molecule einen familenfreundlichen Hit entwickelt und mit einem Konzept namens "Play, Create, Share" eine kreative Gemeinde um sich versammeln können, die bis heute Millionen Levels für den Platformer generiert hat. Mit einem Ableger für PlayStation Portable wurde die Serie gefestigt und spätestens mit "LBP 2" und einem weiteren Titel für PlayStation Vita zur Fixgröße ausgebaut.

Für Herausgeber Sony erschufen die britischen Designer allerdings noch etwas viel Wichtigeres als einen weiteren Bestseller. Mit dem frei individualisierbaren Protagonisten "Sackboy" verlieh "LittleBigPlanet" der Marke PlayStation ein liebenswertes Maskottchen. In nur vier Jahren wurde sein breites Lächeln neben erwachsenen Spielhelden wie Nathan Drake und Kratos zum massentauglichen Markenzeichen.

Mit der Veröffentlichung von "LittleBigPlanet: Karting" wagt Sony nun den Sprung zum Franchisewerk und will Sackboy wie Nintendos Super Mario zur genreübergreifenden Gallionsfigur machen. Nach einer mehrstündigen Probefahrt, stellt sich jedoch die Frage, ob dieser Schritt zu früh gewagt wurde.

Robustes Fahrwerk

Für die Umsetzung wurden die Spezialisten von United Front Games beauftragt. Das liegt nahe, hat das Studio mit "ModNation Racers" doch erst 2010 ein Kart-Rennspiel nach Sony "Play, Create, Share"-Vorlage veröffentlicht. Dem Grundgerüst treu bleibend, wurde das Fahrwerk nun auf Sackboys Welt zugeschnitten. In einem allein oder zu mehrt bestreitbaren Story-Modus vergleicht man sich auf Rennstrecken mit Computergegnern oder bekriegt sich in Kampfarenen.

Im Powerslide durch die Kurven schlitternd schnappt man Waffen auf, um seine Kontrahenten aus der Bahn zu werfen. Die Rakteten, Stromschläge oder Bomben dienen richtig berechnet auch zur Abwehr von Schüssen, was dem Gedränge auf der Piste etwas Strategie verleiht.

Ausgebremste Lebensfreude

Die Strecken sind abwechslungsreich und die Designer haben sich sichtlich bemüht, die facettenreichen Formen "LBPs" in die Dreidimensionalität eines Rennspiels zu extrudieren. Das solide Fahrgefühl wird in Bewegung dieser Welten allerdings oftmals durch heillos überladene Bilder ausgebremst. Gerade im Splitscreen mit bis zu vier Teilnehmern auf einem Bildschirm wird es zur Herausforderung, den Überblick zu behalten. Witzige Ideen, wie den Greifarm zum Schwingen über Schluchten einzusetzen, gehen im Getöse schnell einmal unter.

Der Übermut auf der Rennstrecke zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Spiel. Die Entwickler haben sich so sehr bemüht, die Identität "LBPs" zu bewahren, dass man sich fern jeder Nutzerfreundlichkeit dazu entschieden hat, auch die Menüstruktur des Jump'n'Runs zu übernehmen. Anstatt einfach Rennstrecken und Kampfarenen für einen oder mehrere Spieler auswählen zu können, muss man sich mühsam durch einzelne Planeten suchen.

Mangelnde Einfachheit

Zugänglich werden die Inhalte erst, wenn man sich durch die Kampagne geschlagen hat. Langatmige Lehrvideos und eine überflüssig detailreich vorgetragene Geschichte bringen das Rennfahrerherz zum Stocken und man ertappt sich nur zu oft bei der zynischen Frage, wie es Generationen von Spielern nur geschafft haben, ganz ohne Beschreibungen ein virtuelles Go-Kart über Polygonparcours zu zirkeln. Auf der anderen Seite sind die Tutorials im Streckeneditor des Spiels mehr als willkommen. Die Community bewies bereits in der Beta-Testphase, dass geduldige Kreative die witzigsten Dinge mit den gegebenen Bausteinen hervorbringen können - vom Egoshooter bis zum Autofußballspiel.  

Fazit

Und so schwer man Sackboys Knopfaugen widerstehen kann, "LittleBigPlanet: Karting" fehlt am Ende der Zielgerade schlicht die geniale Einfachheit eines "Mario Kart", um aus der Mittelklasse hervorzustechen. Dabei scheint oberflächlich alles da zu sein: Die herzerwärmenden Kostüme, die fröhliche Musik, die sprühende Fantasie und das solide, aber nicht perfekte Fahrwerk von "ModNation Racers". Doch alles zusammen in einem winzigen Zweitakter verschweißt, ist Sackboys Flitzer zu schwerfällig, um Nintendos Klassiker überholen oder gar einholen zu können. Sackboy könnte ein hervorragender Rennfahrer sein, dafür müssten sich seine Schöpfer allerdings vom Gedanken lösen, dass "LittleBigPlanets" träge Struktur für ein Rennspiel geeignet ist. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 12.11.2012)

("LittleBigPlanet: Karting" ist für PlayStation 3 erschienen.)