Wien - Die SPÖ Wien zeigt sich gesprächsbereit gegenüber dem Vorstoß der grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, die Mieten bei sieben Euro pro Quadratmeter festzusetzen und das bei der Volksbefragung im Februar zum Thema zu machen. "Dass das Thema Wohnen bei der Volksbefragung kommt, ist sehr realistisch", sagte Hanno Csisinko, der Sprecher von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ), im Gespräch mit derStandard.at.

Die Formulierung müsse man sich noch im Detail anschauen, bei der Forderung nach absoluten Zahlen sei man vorsichtig. Es gehe grundsätzlich um eine entsprechende Begrenzung der Zuschläge auf die Richtwertmieten, die auch die SPÖ seit langem fordere, die auf Bundesebene jedoch auf den Widerstand der ÖVP treffe. "Wir werden die Fragen zeitgerecht bekannt geben", versprach ein Sprecher des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl am Montag, ansonsten gab es von seiner Seite zunächst keinen Kommentar zum Vassilakou-Vorschlag.

ÖVP: "Steinzeitkommunismus"

Wie stark dieser Widerstand ist, zeigt die Reaktion der Bundes-ÖVP: Generalskekretär Hannes Rauch bezeichnete Vassilakous Vorschlag als "Steinzeitkommunismus in Reinkultur". In einer Aussendung erklärte Rauch: "Zuerst lässt man eine Gebührenlawine auf die Wiener los, dann versucht man sich mit populistischen Geldgeschenken wieder beliebt zu machen. Angebot und Nachfrage interessieren die Grünen nicht, Marktwirtschaft scheint ein Fremdwort zu sein. Was kommt als Nächstes? Planwirtschaft zum Schutz der Umwelt oder 'die Mauer' um Wien?"

Ohnehin gebe es bereits in drei von vier Bereichen eine Mietpreisregulierung. Und es brauche neben dem regulierten Markt auch den Neubau, bei dem der freie Markt gelte, damit auch weiterhin in den Wohnungsmarkt investiert werde.

Ein Baustopp würde laut dem ÖVP-Generalsekretär zig Arbeitsplätze im Baugewerbe kosten. "Die Grünen haben ein Verständnis von Wirtschaft, wie man es seinerzeit in der DDR hatte. Es wäre daher zu begrüßen, wenn auch die Grünen das 'Kommunistische Manifest' nicht länger als inoffizielles Parteiprogramm heranziehen würden", sagte Rauch.

Juraczka für mehr Angebot

Auch der Wiener ÖVP-Chef Manfred Juraczka lehnt Vassilakous Vorschlag ab: "Anstatt die billige Populismuskeule zu schwingen, wie das Vizebürgermeisterin Vassilakou mangels Erfolgen in ihrem eigenen Ressort tut, sollte man sich ernsthaft mit den Herausforderungen im Wohnungswesen auseinandersetzen."

Juraczka ist dagegen, eine Mietzins-Obergrenze einzuführen und die Immobilien in Rudolfsheim-Fünfhaus zum selben Preis wie in der Inneren Stadt anzubieten. Stattdessen fordert er eine Ausweitung des Angebots. Mit der Anhebung der Mittel für den Wohnbau, wie im Budgetentwurf 2013 vorgesehen, gehe Wohnbaustadtrat Ludwig einen Schritt in die richtige Richtung. "Sinnvolle Unterstützung des privaten Sektors und ein breiteres Angebot an Wohnraum müssen die Antwort sein, nicht Vassilakous System des DDR-Plattenbaus", so Juraczka.

FPÖ: "Blendgranate"

Auch die Wiener FPÖ lehnt Vassilakous Vorschlag ab. "Die Doppelstaatsbürgerin Vassilakou hat eine Chuzpe, die ihresgleichen sucht", sagte der FPÖ-Klubchef und stellvertretende Bundesparteiobmann Johann Gudenus. "Das ist eine Blendgranate, um vom ungenierten Inkasso der rot-grünen Verliererkoalition abzulenken."

Vassilakou reite auf den nächsten Verfassungsbruch zu. Fest stehe, dass die Stadt den Eingriff in Privatverträge nicht durchsetzen könne und eine Bundesangelegenheit in einer Wiener Volksabstimmung nicht abgefragt werden könne. Zudem beruhe die westlich-demokratische Gesellschaft unter anderem auf der Freiheit des Eigentums, und für Gudenus ist das österreichische Mietrecht "ohnedies bereits sehr mieterfreundlich". 

Ellensohn: An Obergrenzen führt kein Weg vorbei

Unterstützung erhielt Vassilakou am Montag von ihrem Parteikollegen David Ellensohn. Der grüne Wiener Klubobmann erklärte: "Wir brauchen leistbaren Wohnraum in Österreich, da führt kein Weg an nachvollziehbaren und fairen Obergrenzen bei Mieten vorbei." Das geltende Richtwert-System sei völlig unbefriedigend, weil es durch viel zu viele Ausnahmen unübersichtlich und unüberprüfbar sei. Er sei froh, dass diese Diskussion endlich geführt werde. (rasch, derStandard.at, 12.11.2012)