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Foto: Reuters

Boston im Jahr 2006: David Petraeus, ein hochdekorierter Militär, tritt an der Kennedy School of Government auf, um über die US-Mission im Irak zu berichten. Im Publikum sitzt die 33-jährige Paula Broadwell aus North Dakota. Sie hat erst kürzlich in Denver internationale Politik absolviert und studiert nun in Harvard weiter. Nach Petraeus' Vortrag stellt sie sich bei ihm vor. Der General zeigt sich sehr angetan - hatte sie doch so wie er die Militärakademie in West Point absolviert und ein Jahrzehnt in der Armee gedient.

Zwei Jahre später kramte Broadwell die Visitenkarte hervor, die sie an jenem Abend bekommen hatte, und schrieb dem General, sie wolle für ihre Doktorarbeit eine Fallstudie über militärische Führung durchführen. Testobjekt: David Petraeus. Die Antwort war unkonventionell: Sie solle ihn doch bei einem Lauf entlang des Potomac River in Washington begleiten. Sie bestand den Test - sie konnte als Triathletin locker mit seinem Lauftempo von vier Minuten pro Kilometer mithalten.

Aus der Dissertation sollte dann auch ein Buch werden, und die Mutter zweier Buben begann, den General häufig und wochenlang nach Afghanistan zu begleiten. Spätestens jetzt regte sich in Petraeus' Umfeld Skepsis und Argwohn. Broadwell galt zwar als enthusiastisch, aber doch als unerfahren und wenig kompetent. Über eine Affäre mit dem 20 Jahre älteren "family man" spekulierte damals aber noch niemand. Nicht einmal Facebook-Einträge aus Afghanistan, die die US-Soldaten in Gefahr hätten bringen können, schadeten der Ballkönigin und Rednerin ihrer Highschool-Abschlussklasse. Schließlich wurde dann aber doch der Geheimdienstexperte und Journalist Vernon Loeb als Koverfasser verpflichtet.

Als das Buch im Jänner publiziert wurde, war Petraeus schon CIA-Chef - und Broadwell zeigte Marketing-Talent: So forderte sie TV-Talkmaster Jon Stewart bei einer Sendung heraus - sie schaffte natürlich nicht nur mehr Liegestütze als Stewart, sondern schlug zusätzlich auch noch ihren Ehemann, den Radiologen Scott Broadwell. Diesem hatte sie in ihrer Buchwidmung noch gesondert gedankt - war er doch monatelang "Mr. Mom" gewesen.

Paula Broadwell sah das Auffliegen ihrer Affäre mit Petraeus nicht kommen: Bis zuletzt bereitete sie eine mondäne Feier anlässlich ihres 40. Geburtstages vor. Dazu kam es nicht mehr. Ihr Mann schrieb den Gästen eine knappe E-Mail: "Die Party am Samstag ist abgesagt." (Gianluca Wallisch, DER STANDARD, 12.11.2012)