In Frankreich sorgt eine Studie für Aufsehen, die den Lernerfolg von Migrantenkindern untersucht. Auch da haben sie nämlich weniger Erfolg als ihre einheimischen Kameraden.

Aber nur auf ersten Blick, wie das Observatoire des inégalités jetzt erkannt hat: Zwar stellen Migrantenkinder - wie bei uns auch - viel weniger Maturanten als der nationale Durchschnitt. Nur: Das ändert sich völlig, wenn auch das Bildungsniveau der Eltern, deren soziales Umfeld oder die Familiensituation als Kriterien berücksichtigt werden. Dann nämlich ziehen Schüler mit Migrationshintergrund ihren Kollegen plötzlich auf und davon.

Das Unterrichtsministerium in Paris erklärt das Phänomen damit, dass Migranten generell ein "soziales Aufstiegsprojekt" verfolgen und alles versuchen, damit es ihre Kinder einmal besser haben. Außerdem stellt sich mangelnde Schulbildung der Eltern indirekt oft als Vorteil dar: Wer nie oder nur kaum zur Schule gehen konnte, erlebt sie bei den Kindern viel eher als Chance als Eltern, die an der eigenen Schulkarriere gescheitert sind. Lehrer an österreichischen Schulen bestätigen diesen Eindruck: Gerade solche Schüler zählen oft zu den fleißigsten überhaupt.

Für die Volkswirtschaft ist diese Art von Lernhunger eigentlich unbezahlbar - es zeugt also schlicht von schlechtem Wirtschaften, dieses Potenzial nicht massiv zu fördern. Und zwar aus ganz und gar eigennützigen Motiven. (Severin Corti, DER STANDARD, 12.11.2012)