Vatikanstadt - Der Informatikexperte Claudio Sciarpelletti, der im Zusammenhang mit der Unterschlagung vertraulicher Dokumente des Papstes vor Gericht stand, ist am Samstag von einem vatikanischen Gericht zu zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der 48-Jährige war beschuldigt worden, den mittlerweile verurteilten päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele beim Diebstahl geheimer Unterlagen unterstützt zu haben.

Fünf Zeugen wurden im Laufe des Prozesses befragt, der am vergangenen Montag begonnen hatte. Der im Oktober zu 18 Monaten Haft verurteilte Gabriele hatte bestritten, Komplizen gehabt zu haben.

Bei Sciarpelletti wurde ein an Gabriele adressierter Umschlag mit Kopien von Geheimpapieren gefunden, woraufhin er im Mai kurzzeitig festgenommen wurde. Der Informatikexperte wurde in einem anonymen Brief verraten, hieß es im Vatikan.

Anwalt kündigt Berufung an

Nach dem Urteil kündigte der Anwalt des Informatikers Sciarpellettis, Gianluca Benedetti, an, sein Mandant werde in Berufung gehen. Der 48-Jährige verließ nach der Urteilsverkündung zusammen mit seiner Frau wortlos den Saal.

Zur Urteilsbegründung hieß es, Sciarpelletti sei "für schuldig befunden worden, dazu beigetragen zu haben, die Ermittlungen der Behörden zu durchkreuzen". Der italienische Staatsbürger war 20 Jahre lang im Staatssekretariat, der Regierung des Kirchenstaates, für die Instandhaltung der Computer verantwortlich.

Ermittler hatten in Sciarpellettis Schreibtisch einen an Gabriele adressierten Umschlag gefunden. Darin befanden sich Kopien von Papieren, die der italienische Journalist Gianluigi Nuzzi von Gabriele erhalten hatte und in seinem Enthüllungsbuch "Seine Heiligkeit" veröffentlichte. Gabriele hatte bestritten, Komplizen gehabt zu haben.

Während des Prozesses sagte Sciarpelletti, er sei nach seiner Festnahme verwirrt gewesen. Deshalb habe er im Mai zunächst widersprüchliche Angaben zur Herkunft der bei ihm gefundenen Dokumente gemacht. Er habe diese aber nie gelesen.

Gabriele hatte während des Prozesses eingeräumt, dem Angeklagten Dokumente übergeben zu haben, die aber nicht vertraulich gewesen seien. Er konnte nicht sagen, ob es sich dabei um die bei Sciarpelletti gefundenen Dokumente gehandelt hatte. Der früherer Kammerdiener verbüßt seine eineinhalbjährige Haftstrafe derzeit im Gefängnis der Vatikan-Gendarmerie. Der Vatikan hatte eine Begnadigung in Aussicht gestellt. (APA, 10.11.2012)