"Wasserstudie" von Marina Abra movic.

Foto: Marina Abramovic

Wien - Jedes Mal, wenn in Marina Abramovics 721 Stunden dauernder Performance The Artist Is Present 2010 im New Yorker Moma ein Mensch vom Platz gegenüber aufstand, schloss die serbischstämmige Performancekünstlerin für einige Augenblicke die Augen. Den Schmerz, den sie von ihrem Gegenüber empfangen hatte, wusch sie weg. "Ich trainierte das", sagt Abramovic im Gespräch mit dem STANDARD und atmet, um diesen Vorgang zu verdeutlichen, einmal tief ein und aus.

Um geschlossene Augen geht es nun auch in ihrer Ausstellung in der Galerie Krinzinger: With Eyes Closed I Can See Happiness heißt die Schau, die den Blick weg von der äußeren Welt ins Innere lenkt. Im Zentrum stehen Fotoserien, die die in sich selbst versunkene Künstlerin zeigen. Das Geheimnis dauerhaften Glücks liege im inneren Frieden, verriet Abramovic.

Die Bilder zeigen sie ganz in Schwarz gekleidet, frontal und aufrecht stehend. Eine ikonenhafte Gestalt, die sich scharf vom monochromen Hintergrund abzeichnet. Nichts lenkt vom Wesentlichen, den reduzierten Gesten oder den Objekten wie Wasserglas und Kerze ab. Es geht also nicht nur um das Glück, das man in sich selbst findet, sondern auch um uns umgebende Energien von Raum, Gegenständen und Elementen - wie etwa Wasser. Menschen mit Zugang zu ihren spirituellen Kräften können diese spüren. Abramovic zählt sich zu diesen und arbeitet stetig an der Verbesserung ihrer Fähigkeiten - derzeit in Brasilien bei Schamanen.

Lenkten in früheren Performances Handlungen eher ab, so ist in der Reduktion auf Sitzen und Schweigen in The Artist Is Present der spirituelle Charakter ihrer Arbeit deutlicher geworden. Auch die Arbeiten in With Eyes Closed I Can See Happiness arbeiten mit dieser Kraft. Überdies ist das Publikum dort eingeladen, Abramovics Erfahrungen nachzuvollziehen und etwa auf einem der kristallgestützten Stühle Platz zu nehmen: die Abramovic-Methode. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 8.11.2012)