300 Hörer, darunter nur rund 40 Frauen, alle Typen mit Rossschwanz mitgerechnet. 17 Studierende haben ihren Laptop mitgebracht, um sich gleich als "Digital Natives" auszuweisen. Papier war gestern. Die Einführungsvorlesung ist rappelvoll. Die Veranstaltung dient dazu, zu zeigen, welche Bandbreite die Informatik an der Universität Wien hat. Denn bereits im ersten Semester haben Studierende die Möglichkeit, sich für eines der Ausprägungsfächer zu entscheiden. In vier Halbtagen werden die Wirtschafts- und Bioinformatik, die Medien- und die Medizininformatik vorgestellt.
"Muss ich alle vier Module besuchen, wenn ich schon weiß, dass ich Wirtschaftsinformatik wählen möchte?", lautet eine der ersten Fragen. Das Effizienzfieber wird gleich gebremst. Man befinde sich schließlich an einer Universität, lässt der Vortragende den Studenten wissen, da täte es schon gut, wenigstens einmal über den Tellerrand zu blicken. Das genau sei der Sinn der Orientierungsveranstaltung.
Alles muss schnell gehen
"Gott sei Dank" gebe es noch immer ein bisschen Freiraum bei der Gestaltung, auch wenn das organisatorische Probleme verursache. Man gewinnt den Eindruck, dass hier die gesetzlich vorgeschriebene Studieneingangs- und Orientierungsphase, kurz STEOP, durchaus kritisch gesehen wird. Im Unterschied zu früher, wo die Studenten das ganze Grundstudium über Zeit hatten, sich ihre Spezialisierung zu überlegen, muss heute alles sehr schnell gehen.
Nur wer die in der STEOP vorgeschriebenen Prüfungen bis zum Ende des ersten Semesters erfolgreich absolviert, kann im Curriculum weitermachen. "Ich verstehe nicht, warum man am Gymnasium das Sitzenbleiben abschafft und es gleichzeitig an der Uni einführt", sagt einer der Vortragenden. Deswegen solle keiner diese Lehrveranstaltung als versteckte Knock-out-Prüfung verstehen.
Motivationsschreiben
Um positiv beurteilt zu werden, muss man ein fünfseitiges Motivationsschreiben verfassen, das anonym ins Uni-System hochgeladen wird. Originellerweise korrigiert dann jeder Studierende zwei Arbeiten seiner Kommilitonen. Aus der Korrektur all dieser Elemente durch die Prüfer ergibt sich die Gesamtnote. Dieses System hätte schon vor 20 Jahren vielen ermüdend langen Seminararbeiten den Garaus gemacht! (Tanja Paar, derStandard.at, 8.11.2012)