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Schön und erfolgreich? Was im Modelbusiness meist Voraussetzung ist, ist in anderen Berufen zumindest ein kleiner Vorteil: Attraktivität.

Foto: APA/epa/Moreira

"Spieglein, Spieglein an der Wand", wer schön ist, hat Macht. Nicht nur beim anderen Geschlecht, sondern auch in der Berufswelt. Intelligent, erfolgreich, zielstrebig und fleißig sind die Eigenschaften, die man attraktiven Bewerbern zuschreibt.

Schönheit vor Leistung

Ob bewusst oder unbewusst, attraktive Bewerber werden häufiger zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. So wurden bei einer Studie der Harvard Universität Arbeitgebern Bewerbungsunterlagen mit und ohne Foto vorgelegt. Das Ergebnis: Nur mit Foto wurden attraktive Bewerber bei gleicher Qualifikation besser bewertet als ihre Konkurrenten.

Nicht ohne Grund ist man in vielen Ländern wie in den USA, Großbritannien und Kanada dazu übergangen, das Foto aus dem Lebenslauf zu streichen, um die Chancengleichheit zu erhöhen. Österreich und Deutschland hinken hier noch nach. In keiner anderen Region wird dem Bewerbungsfoto so starke Bedeutung zugemessen wie im deutschsprachigen Raum. "Es zeigt sich, dass Angaben über Geschlecht, Alter und Aussehen tatsächlich bereits auf die Vorauswahl von Bewerbern Einfluss nehmen. Deshalb kann ohne Fotos eine fairere Auswahl getroffen werden", erklärt Erich Kirchler, stellvertretender Vorstand des Instituts für Wirtschaftspsychologie an der Uni Wien.

Dass ein hübsches Gesicht nicht nur die Wahrscheinlichkeit erhöht, eingestellt zu werden, sondern sich auch in der Bezahlung widerspiegelt, hat der US-Ökonom Daniel Hamermesh von der Universität Texas herausgefunden. Er stellte fest, dass jemand, der dem Schönheitsideal entspricht, bei gleicher Qualifikation um bis zu zehn Prozent mehr verdient, als seine durchschnittlich attraktiven Kollegen. Außer einem Gehaltsplus von zehn Prozent wurde sogar ein sogenannter "Hässlichkeitsmalus" von fünf bis zehn Prozent festgestellt.

Symmetrie statt 90-60-90

Schönheit liegt zwar im Auge des Betrachters, ist laut Attraktivitätsforschern aber auch eine messbare Größe. Michael Cunningham, Psychologe an der University of Louisville konnte als Erster belegen, dass es universelle Schönheitskriterien gibt, die für alle Kulturen gleichermaßen gelten - ob in Österreich oder in Nigeria. Die Symmetrie der einzelnen Gesichtspartien spielt dabei eine wichtige Rolle. Egal ob Frau oder Mann, stark asymmetrische Gesichter werden eher als unattraktiv empfunden, wobei aber unattraktive Gesichter noch lange nicht asymmetrisch sein müssen.

Forscher der Uni Regensburg haben herausgefunden, dass Frauen mit kindlichen Gesichtszügen attraktiver beurteilt werden als andere. Große rundliche Augen, eine hohe gewölbte Stirn und eine kleine Nase erhöhen das Schönheitsempfinden. Und selbst die attraktivsten Frauen werden laut den Wissenschaftlern noch attraktiver, wenn man ihre Gesichter am Computer verniedlicht.
Bei Frauen und Männern gleichermaßen als schön gelten ein schmales Gesicht, volle Lippen, kräftige, dunkle Wimpern und Augenbrauen und hohe Wangenknochen. Beim starken Geschlecht spielt noch zusätzlich ein markantes Kinn eine Rolle.

Der erste Eindruck zählt

Die Forscher der Uni Regensburg untersuchten auch die soziale Wahrnehmung schöner Menschen. Das Ergebnis war eindeutig: Je attraktiver die Gesichter waren, umso erfolgreicher, sympathischer, intelligenter, geselliger, kreativer und fleißiger wurden die Personen eingeschätzt. Warum ist das so?

Aus psychologischer Sicht gibt es dafür gleich mehrere Erklärungen. Ein Grund für diese positiven Zuschreibungen ist laut Attraktivitätsforschern evolutionspsychologisch bedingt: Attraktiven Menschen werden gute Gene - wichtig für die Fortpflanzung - und somit auch positive Persönlichkeitseigenschaften zugesprochen.

Laut US-Psychologin Rita Freedman beginnt die Bevorzugung schöner Menschen bereits im Säuglingsalter: Mütter reagieren häufiger und stärker auf ihre Babys, wenn sie hübsch sind. Hübsche Kinder erhalten mehr Zuwendung, was sich positiv auf das Selbstbewusstsein auswirkt.

Besser verkaufen

Demnach sind schöne Menschen in der Regel selbstbewusster, kennen ihre Stärken und wissen diese einzusetzen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf den Beruf. Durch das gestärkte Selbstvertrauen können attraktive Menschen besser kommunizieren und sich in Vorstellungsgesprächen besser verkaufen.

Auf der anderen Seite wird das Selbstvertrauen der "Schönlinge" vom Personalchef noch gestärkt. Menschen tendieren dazu, ihr Gegenüber innerhalb weniger Sekunden anhand ihres Auftretens zu beurteilen. Sieht man einen attraktiven Menschen, wird dieses Bild sofort mit bestimmten Eigenschaften verknüpft. Um das Bild zu bestätigen, konzentriert man sich nun verstärkt auf Merkmale, die das bestätigen. Widersprüchliche Informationen werden dabei vernachlässigt.

Eine weitere wichtige Erkenntnis kommt von britischen Forschern. Sie fanden heraus, dass das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert wird, wenn das Gegenüber attraktiv ist und Augenkontakt hält. Ein Gespräch mit einem schönen Menschen versetzt uns also in angenehme Stimmung und hinterlässt positive Gefühle.

Kleider machen Leute

Für diejenigen, die mit ihrem Aussehen weniger zufrieden sind, gibt es dennoch die Möglichkeit zu punkten. Nämlich mit ihrem Outfit. Denn bei fast allen Untersuchungen wurden Störfaktoren wie Kleidung, Frisur, Schmuck oder auch das Lächeln einer Person weggelassen, um nur das Gesicht zu beurteilen. Durch das richtige Foto am Lebenslauf und dem richtigen Outfit beim Bewerbungsgespräch kann man einem schlechten Eindruck durchaus entgegenwirken. Mit dem nötigen Selbstvertrauen gelingt es dann auch zu überzeugen.

Dennoch lässt sich nicht bestreiten, dass schönen Menschen Vorteile im Leben praktisch in die Wiege gelegt werden. Nicht nur im Job, sondern in allen Situationen, in denen es auf den ersten Eindruck ankommt. Und scheinbar alles nur, weil aufgeklärte Menschen im 21. Jahrhundert immer noch auf den Trugschluss hereinfallen: Wer schön ist, ist auch gut. (Natascha Marakovits, derStandard.at, 7.11.2012)