Athen - Zehntausende Menschen sind am Dienstag in Griechenland gegen die Austeritätspolitik der Regierung und die Forderungen der internationalen Gläubiger auf die Straßen gegangen. Die Demonstrationen begleiteten den ersten Tag eines 48-stündigen landesweiten Generalstreiks, der das öffentliche Leben weitgehend lahmlegte. Am Mittwoch, dem Tag der Abstimmung über das Sparpaket im Parlament, sollte es weitere Streiks und Aktionen geben.

Der öffentliche Nahverkehr stand still, auch Taxis und Fähren verkehrten nicht, wie Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Wegen eines dreistündigen Streiks der Fluglotsen fielen zahlreiche Flüge aus. In den Krankenhäusern wurden nur Notfälle behandelt. Auch Richter und Beamte schlossen sich dem Ausstand an. Museen, archäologische Stätten und Postämter blieben geschlossen.

Die Zahl der Demonstranten in der Hauptstadt Athen gab die Polizei mit 40.000 an. Zwei Demonstrationszüge vereinigten sich auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlament. Auf Spruchbändern hieß es: "Nein zu den Maßnahmen der Verarmung" oder "Zuerst die Menschen - nicht Zahlen oder Maßnahmen". Aus Furcht vor Ausschreitungen waren vor dem Parlament und Regierungsgebäuden Wasserwerfer und Einheiten der Bereitschaftspolizei aufgezogen, die Proteste blieben aber friedlich - auch in der nördlichen Hafenstadt Thessaloniki, wo nach Polizeiangaben 20.000 Menschen demonstrierten.

Neues Sparpaket

Die Abgeordneten berieten am Dienstag über ein neues Sparpakt der Regierung für die Jahre bis 2016 im Umfang von 18,5 Milliarden Euro. Das Paket sieht vor allem neue Kürzungen bei Renten und Gehältern sowie im Gesundheits- und Sozialwesen vor. Die Abstimmung soll am Mittwochabend stattfinden. Die Zustimmung des Parlaments ist Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Tranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro aus einem umfangreichen Hilfsprogramm für Griechenland; andernfalls droht dem Land die Pleite.

Zu dem zweistündigen Generalstreik hatten die beiden größten Gewerkschaftsverbände des privaten und des staatlichen Sektors (GSEE und Adedy) aufgerufen. Auch die der Kommunistischen Partei (KKE) nahe stehende Gewerkschaft PAME beteiligte sich an den Streiks und Demonstrationen. Der Chef der größten Oppositionspartei, Alexis Tsipras von der Linksallianz Syriza, der sich ebenfalls an den Protesten beteiligte, warf der Regierungskoalition vor, die Verfassung zu "verhöhnen". KKE-Chefin Aleka Papariga rief zum "systematischen und organisierten Ungehorsam" auf.

EU-Währungskommissar Olli Rehn äußerte sich zuversichtlich, dass bald ein Beschluss über neue Finanzhilfen für Griechenland fallen werde. Sowohl die Eurozone und der Internationale Währungsfonds (IWF) als auch die Regierung und das Parlament in Griechenland seien "auf dem Weg, die Entscheidung am nächsten Montag treffen zu können", sagte er bei einem Treffen der Finanzminister der G-20-Staaten in Mexiko-Stadt. Angesichts der für Mitte November drohenden Staatspleite Griechenlands sei dies "gewiss notwendig".

Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker zeigte sich auf einer Konferenz in Singapur ebenfalls "sehr optimistisch" in Bezug auf die Umsetzung des Sparprogramms für Griechenland. "Unsere griechischen Freunde haben keine andere Option, sie müssen es machen", sagte er. (APA, 6.11.2012)