Ein Rohbericht des Rechnungshofs zum Museum für angewandte Kunst rückt den gefeuerten Ex-Direktor Peter Noever wieder ins Blickfeld. Die staatlichen Kontrolleure haben zu den bekannten Vorwürfen - Partys für die Mutter samt fingierten Rechnungen - noch einiges Erhellendes hinzugefügt. Von gefälschten Besucherzahlen über Spesen-Orgien bis hin zu verschwundenen Objekten ist die Rede. Nun kann man insbesondere über Letzeres diskutieren - Noever-Nachfolger Christoph Thun-Hohenstein betont ja, dass der Schwund bis in den Zweiten Weltkrieg zurückreiche. Nichts ändert das freilich am Gesamtbefund einer unerträglichen Misswirtschaft im Mak.

Besonders aufschlussreich war und ist die Reaktion der hiesigen Kulturszene. Bereits nach Auffliegen der Unregelmäßigkeiten übte sich die kulturelle Elite des Landes (von Robert Menasse über Klaus Albrecht Schröder bis hin zu Wolf D. Prix) in Solidaritätsbekundungen, die in der Einrichtung der Seite propeternoever.at gipfelten. Während sich zuletzt sogar die Politik einem moralischen Reinigungsprozess nicht ganz verschließen konnte, werden schwere Verfehlungen im Kulturleben offenbar immer noch als vernachlässigbare Größe abgetan. Im Namen der Kunst gibt es keine Skandale. Damit ist absehbar, dass k. u. k. eine Renaissance erfahren wird: Während die Doppelmonarchie längst gestorben ist, lebt das Begriffspaar Kunst und Korruption gerade auf. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 7.11.2012)