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Eine Top-Bewertung wird der US-Ratingagentur zum Verhängnis. Denn das australische Urteil könnte Schule machen.

Foto: APA/EPA/Justin Lane

Sydney - Vorgeworfen wurden den Ratingagenturen ihre Einstufungen schon oft. Zum Beispiel 2001, als der US-Energiekonzern Enron wegen fortgesetzter Bilanzfälschung einen der größten Unternehmensskandale hinlegte, den die US-Wirtschaft bis dahin erlebte. Standard & Poor's und Moody's hatten dem Unternehmen bis kurz vor der Insolvenz "vorzügliche Bonität" bescheinigt. Auch 2008 genoss die US-Investmentbank Lehman Brothers bis knapp vor ihrem Kollaps höchste Bonität.

In Australien hat ein Top-Rating nun Konsequenzen. Weil S&P für Geschäfte, die sich im Nachhinein als riskant und verlustreich erwiesen haben, eine Top-Bewertung vergeben hatte, hat die Ratingagentur die Investoren in die Irre geführt. So lautet das Urteil eines Gerichts in Sydney. Daher stehe den Anlegern sowohl von S&P als auch von den Instituten, die die Investitionen vor der Finanzkrise arrangierten, Entschädigung zu. Das Urteil wurde am Montag veröffentlicht. S&P kündigte an, Einspruch zu erheben.

Was war passiert? Ende 2006 haben 13 australische Stadtverwalter in Summe 16 Millionen australische Dollar (12,93 Mio. Euro) in zwei strukturierte Anleihen investiert. Die Papiere, die an Kreditausfallsswaps auf Unternehmen der Kategorie Investmentgrade gekoppelt waren, wurden von S&P mit AAA bewertet.

2008 stellte sich heraus, dass diese Geschäfte hochriskant und verlustreich waren - 90 Prozent der Einlagen sind weg. Weil sich die Investoren von S&P, der bei dem Geschäft involvierten Bank ABN Amro sowie von Local Government Financial Services (die den Gemeinden die Produkte verkauft hatten) hinters Licht geführt fühlten, hatten sie Klage eingebracht. Die Richterin sprach ihnen 30 Mio. australische Dollar Entschädigung zu.

Ratingagenturen könnten sich nicht länger hinter einem Haftungsausschluss verstecken, sagte Amanda Banton, Anwältin der Gemeinden. Das Urteil könnte Folgen haben. Das Unternehmen IMF aus Sydney, das die Klage für die Stadtverwaltungen führte, ziehe ähnliche Prozesse in Europa in Erwägung, sagte IMF-Direktor John Walker. IMF finanziere aktuell eine Klage in den Niederlanden, bei der es um Anleihen im Volumen von zwei Milliarden Euro gehe, die von ABN Amro begeben und durch S&P bewertet wurden.

Auch in den USA wartet auf S&P und Moody's ein Schadensersatzprozess. Kläger ist eine Investorengruppe, die in "Cheyene" (durch Hypotheken gesicherte Wertpapiere) investiert hatte. Die Investoren verloren rund eine Milliarde US-Dollar. (dpa, bpf, DER STANDARD, 6.11.2012)