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Weg mit dem Speck: Das ist auch bei Gründungen ein Thema.

Foto: Reuters/Garanich

Wien - Der Wirtschaftsflaute trotzen und das Glück im eigenen Unternehmen suchen: Dazu will die Koalition junge, kreative Menschen motivieren. Eine Tür öffnen soll eine "GmbH light" (SPÖ) beziehungsweise " GmbH neu" (ÖVP), die Wagemutige mit finanziellen Erleichterungen lockt.

Wer eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gründen will, muss bis dato mindestens 35.000 Euro an Stammkapital, davon wenigstens die Hälfte in Bar, einzahlen. Gedacht ist dieses Limit als " Seriositätsschwelle", damit nicht jeder Glücksritter ohne genügend Startgeld ein derartiges Unternehmen beginnen kann. Schließlich kommen bei Insolvenz Lieferanten und andere Gläubiger zum Handkuss.

WK-Wunsch

Laut Regierungsprogramm soll das Limit auf 10.000 Euro sinken, was dem Wunsch der Wirtschaftskammer entspricht. Tausende zusätzliche Neugründungen erhofft sich die Interessenvertretung davon, denn derzeit sei die Hürde einfach zu hoch: Ein Einzeldienstleister, der weder einen Maschinenpark noch Angestellte benötigt, sondern als größtes Asset das eigene Wissen hat, brauche de facto keine 35.000 Euro Startkapital um ein Unternehmen in Gang zu bringen. Gläubigervertreter sehen das anders. Unternehmen bräuchten einen "Risikopuffer", falls Geschäftspläne nicht gleich aufgehen, sagt Hans-Georg Kantner vom Kreditschutzverband von 1870, der folglich "nicht begeistert" ist: Ähnlich skeptisch ist Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform: Er fragt sich, welche Zukunftsaussicht eine GmbH überhaupt habe, wenn sie zum Start nicht einmal 35.000 Euro aufbringe.

Start-up-Boom als Illusion

Eine Senkung des Limits reiche Risiko an Geschäftspartner einer Firma weiter, argumentiert auch der Arbeiterkämmerer Heinz Leitsmüller und hält den erhofften Start-up-Boom für eine Illusion: Wer ein Geschäft mit so geringen Investitionen starten wolle, dem stünden schon jetzt andere Rechtsformen offen.

Werner Hölzl vom Wirtschaftsforschungsinstitut erwartet ebenfalls keine massive Gründerwelle, zumal die viel zitierten jungen, kreativen Dienstleister wohl eher die für sie attraktivere Form des Einzelunternehmers wählten. Reduzieren könne man die Stammkapital-Vorschrift dennoch, weil sie ihre Funktion als Sicherheitsnetz in Zeiten, in denen reichlich Informationen über Unternehmen verfügbar seien, verloren habe: In zweifelhaften Fällen würden Banken für einen Kredit ohnehin Sicherheiten und Lieferanten Vorauszahlungen verlangen.

Möglicher Nebenffekt der Koalitionspläne: Bleibt die Mindesthöhe der Körperschaftssteuer wie derzeit an das Mindestniveau des Stammkapitals gebunden, erwartet Unternehmen eine Steuersenkung - und das Budget ein Loch von bis zu 65 Millionen Euro. (Gerald John, DER STANDARD; 3./4.11.2012)