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Grafik: APA

Wien - Im Oktober waren in Österreich 249.912 Menschen arbeitslos gemeldet - um 14.906 (6,3 Prozent) mehr als im Vorjahresmonat. Zugleich ist die Zahl der Menschen in Schulungen um 11,5 Prozent oder 7.520 Betroffene auf 72.893 gestiegen, teilte das Sozialministerium mit. Damit waren 322.805 Menschen ohne Job, um 7,5 Prozent (22.426) mehr als im Vorjahresmonat. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition ist damit um 0,3 Punkte auf 6,7 Prozent gestiegen. Trotzdem ist die Zahl der unselbstständig Beschäftigten um 0,8 Prozent auf 3.479.000 gestiegen - die der aktiven unselbstständig Beschäftigten um 1,0 Prozent auf 3.385.000.

"Die Prognosen lassen auch weiterhin nur ein sehr schwaches Wachstum erwarten, weshalb wir weiter davon ausgehen müssen, dass die Arbeitslosigkeit weiter steigen wird", sagte AMS-Chef Johannes Kopf dem Ö1-"Mittagsjournal" am Freitag. Die internationale Wachstumsschwäche habe auch Österreich stark erwischt. Das sehe man auch daran, dass auch in Deutschland die Arbeitslosenzahlen erstmals seit zwei Jahren wieder steigen.

Geringe Qualifikation

Vom Anstieg der Arbeitslosigkeit waren vor allem Menschen mit geringer Berufsqualifikation betroffen. 46,3 Prozent aller Arbeitslosen haben maximal einen Pflichtschulabschluss, teilte das Sozialministerium mit. Gegensteuern will die Politik unter anderem mit der Reform der Invaliditätspension. Wieder erhöhte sich im Oktober die Männerarbeitslosigkeit (+8,0 Prozent) stärker als jene der Frauen (+4,5 Prozent). Ältere Menschen waren mit einem Anstieg von 10,7 Prozent stärker betroffen als Jugendliche (+4 Prozent). Dies sei demografisch bedingt.

Auf der anderen Seite fiel das Beschäftigungswachstum zur Gänze auf die Generation der Über-50-Jährigen, da es mehr Menschen in dieser Altersgruppe gibt und die Beschäftigten später in Pension gehen. Die Arbeitslosenquote bei den Älteren betrug im Oktober nach nationaler Definition 7,0 Prozent (+0,3 Prozentpunkte). Die Jugendarbeitslosenquote lag nach Eurostat-Rechnung bei 9,9 Prozent; damit lag Österreich im EU-Ranking auf Platz drei, nur in Deutschland und den Niederlande waren weniger Jugendliche ohne Job.

Lehrstellenmarkt gut entwickelt

Gut entwickelte sich im Oktober der Lehrstellenmarkt. Die Zahl der Lehrstellensuchenden schrumpfte um 6,7 Prozent auf 5.750 Personen, und es gab mehr offene gemeldete Lehrstellen (+2,4 Prozent auf 4.207). Laut Sozialministerium errechnet sich daraus die geringste Lehrstellenlücke seit dem Jahr 2001. In Oberösterreich, Salzburg und Tirol gab es sogar mehr offene Lehrstellen als Lehrstellensuchende. Einen Riesenanstieg von 14,5 Prozent gab es erneut bei den Arbeitslosen mit Behinderung. Das hat dem Ministerium zufolge mit der systematischen Erfassung von behinderten Menschen durch das Arbeitsmarktservice (AMS) zu tun.

Noch viel größer war das Plus mit 26,1 Prozent bei den Langzeitarbeitslosen: 5.637 Personen waren im Oktober länger als 12 Monate vorgemerkt. Der Anstieg sei auf die Umstellung der arbeitsmarktpolitischen Ziele im AMS zurückzuführen: "Statt der Verhinderung von Langzeitarbeitslosigkeit unter anderem durch Schulungen wird nun die dauerhafte Integration von sogenannten arbeitsmarktfernen Menschen vorangetrieben. Das sind Menschen, die nur geringe Beschäftigungszeiten aufweisen und oft wenig formelle Bildung oder gesundheitliche Probleme haben", erläuterte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ).

Im Schnitt 96 Tage arbeitslos

Im Schnitt waren die Menschen ohne Job im Oktober 96 Tage arbeitslos gemeldet, einen Tag länger als im Vorjahreszeitraum. Betrachtet man einzelne wichtige Branchen, zeigt sich erneut, dass es Leiharbeiter nicht leicht haben am Arbeitsmarkt. Hier stieg die Arbeitslosigkeit um 11,9 Prozent. Auch Bauarbeiter waren wieder stark betroffen (+8,7 Prozent), ebenso Menschen, die im Gesundheits- und Sozialwesen arbeiten (+13,5 Prozent). Weniger stark angestiegen als im Schnitt ist die Arbeitslosigkeit dagegen im Handel (+5,5 Prozent) und im Tourismus (+4,4 Prozent).

Lage nicht rosig

Auch in der Industrie ist die Lage derzeit wenig rosig. So stieg in den Industriebundesländern Oberösterreich (+10,2 Prozent) und Steiermark (+8 Prozent) die Arbeitslosigkeit am stärksten. Auch Niederösterreich (+7,6 Prozent) verzeichnete eine überdurchschnittliche Zunahme. In der Bundeshauptstadt Wien stieg die Arbeitslosigkeit um 5,2 Prozent. Am besten entwickelte sich der Westen: In Vorarlberg waren um 2,6 Prozent mehr Menschen ohne Job, in Tirol um 3,2 Prozent mehr.

Nach Eurostat-Rechnung bleibt Österreichs Arbeitslosenquote mit 4,4 Prozent die geringste in der EU - mit steigendem Vorsprung auf die nächstbesten Arbeitsmärkte, wie Hundstorfer betonte. "Aber die weltweite Wachstumsschwäche und die europäische Wirtschaftskrise haben auch negative Auswirkungen auf den österreichischen Arbeitsmarkt." Österreich könne sich von europäischem Wirtschaftsentwicklung nicht entkoppeln. "Europa braucht ein deutliches Wirtschaftswachstum."

Gegensteuern gefragt

Aus Gewerkschaftssicht sind jetzt jedenfalls Maßnahmen gefragt. "In krisenhaften Zeiten heißt es gegensteuern", so der vida-Vorsitzende Rudolf Kaske. "Dazu braucht es ausreichend Personal zur Betreuung und Beratung der Jobsuchenden und ausreichend Geld". Vor allem in Weiterbildung und Höherqualifizierung müsse investiert werden. In dieselbe Kerbe schlug Arbeiterkammerpräsident Herbert Tumpel, der ein neues Arbeitsmarktpaket inklusive 150 Mio. Euro zusätzlich für aktive Arbeitsmarktpolitik forderte. Außerdem müsse man dringend etwas gegen die "faktische Altersdiskriminierung" tun, etwa ein Malus für Unternehmen mit unterdurchschnittlichem Anteil an älteren Arbeitnehmern.

Die Opposition schoss sich auf Sozialminister Rudolf Hundstorfer ein, nun sei Feuer am Dach und die "Schönfärberei" müsse ein Ende haben, so der Tenor. Laut FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ist die Regierung "seit Jahren unfähig dazu, die spezifisch österreichischen Problembereiche zu beheben", etwa, dass die ein großer Teil der Jobsuchenden maximal über einen Pflichtschussabschluss verfügt. Eine "Vernünftige Bildungspolitik" müsse her, so Kickl. Auch die Grüne Arbeitsmarktsprecherin Birgit Schatz forderte Investitionen in Jobs und eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes statt Kürzungen. Für BZÖ-Sozialsprecher Sigisbert Dolinschek herrscht jetzt ebenfalls "Alarmstufe Rot", er pocht auf eine Arbeitsmarktreifeprüfung nach Pflichtschulende. Die Industriellenvereinigung (IV) sprach sich erneut für mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten sowie eine Senkung der Arbeitszusatzkosten aus. (APA, 2.11.2012)