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Wer also viel Zeit hat, wem es wurscht ist, der braucht sich um diese Faktoren nicht kümmern - ein klassischer Spartaner, der alles auf einen Haufen wirft.

Foto: APA/Alois Litzlbauer

Es muss sich ungefähr so abgespielt haben: Da waren einmal die Griechen, in Griechenland vermutlich. Und die waren mit ihrer Gartenarbeit intensiv beschäftigt. Sie waren sogar so sehr in ihre Arbeit vertieft, dass sie es nicht bemerkten, dass Menschen, Römer genannt, sie dabei beobachteten. Sie sahen genau zu, wie die Griechen, es muss November gewesen sein, oben, im Norden des Landes, ihre Komposthaufen an- und aufhäuften.

Findig wie die Römer nun einmal waren, erkannten sie sofort die zugrunde liegende Struktur dieser Arbeit, kehrten zurück in die Urbs Aeterna und berieten sich mit ihren Frauen, wie man das Erlebte und Gelernte nun selbst umsetzen könne. Das war die Geburtsstunde der Lasagna. "Wie kam's?", möchte man nachfragen.

Es kam so: Weil die Griechen pfiffige Gärtner waren und einen anständigen, flott dahinrottenden Komposthaufen wünschten, bedienten sie sich einer Technik, die man damals und vor Ort auch Schichtentechnik nannte. Denn im Herbst, da fällt im Garten jede Menge Nahrung für den Komposthaufen an. Im Herbst, da werden die Beete gerodet. Im Herbst, da werden die Rabatten geschnitten. Im Herbst, da bekommen Busch- und Strauchwerk eine Tiefenrasur, und im Herbst, da gibt es ausreichend Laub, das zusammengerecht werden muss. All dies arbeitete dem griechischen Drang zum Versammeln zu, und der Komposthaufen ward geboren.

Nicht alles spartanisch aufhäufen

Aber der Aufbau eines griechischen Komposthaufens ist eine hochkomplexe Wissenschaft, die Tomosophie, man sprach damals vom kompostyoin. Warum? Die Griechen erkannten früh, dass man nicht einfach alles auf einen Haufen schmeißen kann, wie es die so verhassten Spartaner damals vorführten. Sie wussten über die unterschiedlich schnell verrottenden Bestandteile Bescheid und darüber, dass unterschiedliche Trocken- und Nassheit sowie unterschiedlich holzige Komponenten zu ausdifferenzierten Gebilden führen müssen. Das setzt hohe Konzentration bei der Arbeit und zuvor tiefe Einsicht in das Wesen eines kompostyoin voraus. Ein Komposthaufen ist primär ein großes Gelage, eine Gemengelage aus Garten- und Küchenabfällen, aus Kleintieren, Bakterien und aus Pilzen.

Kleintiere, Bakterien und Pilze sind die Fressenden, die Garten- und Küchenabfälle das Degustationsmenü, das Restaurant ist meist ein uneinsehbarer Winkel im Garten, und serviert wird dies alles von der Gärtnerin. Die organischen Verbindungen der anfallenden Abfälle werden von den Mikroorganismen abgebaut. Das Tempo des Abbaus hängt vom Wassergehalt, von der Sauerstoffversorgung und von der Temperatur ab.

Wer also viel Zeit hat, wem es wurscht ist, der braucht sich um diese Faktoren nicht kümmern - ein klassischer Spartaner, der alles auf einen Haufen wirft. Wer sich jedoch zu den Bastlern und Tüftlern zählt, wer immer ans Optimum gehen muss, der möchte Einfluss auf diese Parameter nehmen und wird dafür sorgen, dass nur kleingehäckselte Bestandteile auf den Kompost kommen; dass der Kompost leicht feucht, aber nicht nass gehalten wird, und dass durch regelmäßiges Belüften und leichtes Durchmischen genug Sauerstoff und neues Substrat für die Mikroorganismen vorhanden ist.

Die Griechen haben dazu die Schichtenstruktur entwickelt. Auf relativ trockenes, kleingehäckseltes Material wie Staudenabschnitte und verholzte Zweige kommt eine dünne Schicht eher feuchter Gartenreste (Fallobst, Laub), wieder gefolgt von einer dünnen Schicht trockenen Substrats.

Auf diese Weise konnten schon die alten Griechen Fäulnis am kompostyoin vermeiden, üble Gerüche verhindern und die Rotte beschleunigen. Dass sie damit auch die Basis für eines der international beliebtesten Gerichte, die Lasagna, schufen, konnten sie maximal erahnen. Aber wer weiß das schon. (Gregor Fauma, Rondo, DER STANDARD, 2.11.2012)