Bild nicht mehr verfügbar.

In Deutschland sind etwa 15 Prozent der Bevölkerung von einer Milchzucker- oder Laktoseintoleranz betroffen.

Foto: ap/dapd/Philipp Guelland

Berlin - Menschen, die empfindlich auf den Verzehr bestimmter Nahrungsmittel reagieren, leiden häufig unter Bauchschmerzen, Hautirritationen, Übelkeit und Kopfschmerzen. Schnell steht der Verdacht auf eine Lebensmittelallergie im Raum. Doch die Beschwerden gehen selten auf eine Allergie zurück, betont die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Häufiger sind Nahrungsmittelintoleranzen die Ursache. Diese sind jedoch schwerer zu diagnostizieren.

"Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelintoleranzen sind zwei Unterformen von Nahrungsmittelunverträglichkeiten", erklärt Stephan Bischoff, Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Neueren Studien zufolge leiden ein bis zwei Prozent der Erwachsenen in Deutschland an einer Nahrungsmittelallergie, der eine Beteiligung des Immunsystems zugrunde liegt. "Bei Kindern ist die Häufigkeit der Erkrankung mit vier bis acht Prozent deutlich höher. Diese frühen Allergien verschwinden jedoch meist spontan bis zur Einschulung", erläutert Bischoff.  Weniger bekannt, aber deutlich häufiger verbreitet, seien die sogenannten Nahrungsmittelintoleranzen. Bei diesen rebelliert der Körper gegen eine bestimmte Substanz - ohne Beteiligung des Immunsystems. 

Vielfältige Symptome

Nahrungsmittelintoleranzen äußern sich sehr vielfältig: Bei einer Milchzucker- oder Laktoseintoleranz, von der rund 15 Prozent der Deutschen betroffen sind, kommt es nach dem Konsum von Milchprodukten häufig zu Blähungen und Durchfall. Ursache ist das Fehlen des laktosespaltenden Enzyms Laktase. Ein Enzymdefekt ist auch der Grund dafür, dass einige Menschen den Nahrungsbestandteil Histamin nicht vertragen. Histamin, das unter anderem in Käse, Rotwein, Fisch und Sauerkraut enthalten ist, wird normalerweise durch das Enzym Diaminooxidase rasch abgebaut. Fehlt das Enzym, führt das mit der Nahrung aufgenommene Histamin im Körper zu ähnlichen Symptomen wie eine Nahrungsmittelallergie: Betroffene leiden an Hautrötungen, Hitzewallungen, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden.

"Da sich die Symptomatik häufig kaum unterscheidet, ist die Abgrenzung von Nahrungmittelallergien und -intoleranzen in der Praxis oft schwierig", erklärt der Experte. Grundsätzlich seien zunächst eine sorgfältige Anamnese und Ausschlussdiagnostik erforderlich. Zum Nachweis von Allergien stehen anschließend unter anderem einfache Hauttests zur Verfügung. "Beim Prick-Test bringen Allergologen mögliche Allergene in die Haut ein und untersuchen dann die lokale Reaktion", so Bischoff. Zur Diagnostik von Nahrungsmittelintoleranzen gibt es nur wenige objektive Testverfahren. Besonders mit Atemluft-Untersuchungen können die Mediziner den Kreis der verdächtigen Nahrungsmittel jedoch eingrenzen. 

Ernährungstagebuch

Die entscheidende Rolle bei der Suche nach dem Auslöser einer Nahrungsmittelunverträglichkeit spielt bis heute ein "Low-Tech"-Instrument: Mithilfe eines Ernährungstagebuches versuchen Arzt und Patient, dem krankmachenden Nahrungsbestandteil auf die Spur zu kommen. Steht ein bestimmtes Nahrungsmittel unter Verdacht, kann der Patient für eine Weile darauf verzichten oder es bewusst zu sich nehmen. "Auf diese Weise gelingt es meist, den Auslöser zu identifizieren", ist Bischoff überzeugt.

Patienten, die an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit leiden, rät die DGVS zu einer eingehenden Ernährungsberatung: Betroffene müssen lernen, ihre Ernährung weg von Fertignahrungsmitteln hin zu frischen Nahrungsmitteln umzustellen und auf Lebensmitteletiketten zu achten. "Voraussetzung dafür ist, neben der hohen Motivation, eine gute Schulung", betonen die Experten. (red, derStandard.at, 31.10.2012)